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Kultur

Drehen wir den Film doch nochmal neu

Montag, 2. September 2013 | Text: Nora Koldehoff | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Einem Menschen, einem Wissenschaftler, einem Individuum wie Wilhelm Reich in der Zeit einer Spielfilmlänge gerecht werden zu wollen, ist ein Unterfangen, das von Beginn an zum Scheitern verurteilt ist. Zumal der Mediziner, Psychiater, Sexualtherapeut und Erfinder schon zu Lebzeiten auch zur ideologischen Figur geworden war: Zu stark war seine Ablehnung der tradierten Methoden, die menschliche Seele und den menschlichen Körper zu analysieren und zu therapieren. Zu deutlich setzte er sich aber auch schon vor seiner Emigration, noch in Wien, von Freud und seiner Psychoanalyse ab.

Der österreichische Regisseur und Produzent Antonin Svoboda wählte deshalb anderen Weg: Konzentration auf die letzten Lebensjahre, in denen Reich nach der Verfolgung durch die Nationalsozialisten auch in den USA verfolgt wurde. Diesmal von FBI, McCarthy’s Kommunistenjägern – denn wer auf die Individualität des Menschen setzte und ihn zu deren Stärkung ermutigte, konnte nur Kommunist sein – und durch die Schulwissenschaften. Am Freitag stellte Svoboda den Film in Anwesenheit seines Hauptdarstellers Klaus Maria Brandauer im Odeon in der Severinstraße vor.

 

 

Wie stark Wilhelm Reich auch heute noch polarisiert, war in der nachfolgenden kurzen Diskussion zu spüren, der sich Regisseur und Hauptdarsteller stellten. Ihnen sei es darum gegangen, Wilhelm Reich so zeigen, wie es sich aus damaliger Sicht darstellte. Ein Einordnen von Reichs Thesen, ihre Wirkungen und auch die neueren historischen Erkenntnisse habe er bewusst außen vor gelassen, beschrieb Antonin Svoboda seinen Ansatz. Was damals noch nicht bekannt war, kann auf diese Weise auch keine Rolle spielen. So ist heute beispielsweise bekannt, dass, entgegen der damaligen und darum im Film wiedergegebenen Behauptung, es habe keine Autopsie Reichs gegeben, eine solche sehr wohl durchgeführt wurde. Sie brachte zutage, dass in Reichs Magen große Mengen Formaldehyd gefunden wurden. Reich starb 1957 im Gefängnis von Pennsylvania.

Teilen des Publikums – darunter offenbar zahlreiche Reich-Anhänger und Menschen, die seinen Theorien im Studium begegnet sind – fiel es sichtlich schwer, diese nicht-dokumentarische Herangehensweise zu akzeptieren. Sie schienen ein Biopical erwartet zu haben, entsprechend kritisch fragten sie nach Teilaspekten von Reichs Theorien oder Teilen seiner Biografie, die der Film bewusst nicht zum Gegenstand hat. Dass alles mit allem zusammenhängt und man ungeachtet dessen, was der Rest der Welt meint, seine Träume verfolgen solle steht im Fokus der Geschichte, die Svoboda und Brandauer erzählen. Trotzdem wurde immer wieder die Frage gestellt, warum Aspekte ausgelassen wurden. Und immer wieder wiesen Regisseur und Schauspieler darauf hin, dass dies in einem Spielfilm ein Ding der Unmöglichkeit sei. „Drehen wir den Film doch einfach noch einmal neu“, schlug schließlich Klaus Maria Brandauer sarkastisch vor: „Mit allen Aspekten, die fehlen, und Musik von Beethoven.“ Auf die auch diesmal von Fragestellern erwartete Gleichsetzung des Schauspielers mit seiner Rolle hatte  er sich zuvor noch sichtlich gelassener. Ob ihn der Film verändert habe, wollte ein Zuschauer wissen. Eine direkte Antwort gab Brandauer darauf nicht, aber das, was er über Reich wusste und jetzt über ihn wisse, habe ihn sehr für ihn eingenommen. Er spielte dann auf Wilhelm Reichs Versuche an, mit Hilfe der von ihm behaupteten Orgon-Energie und einer „Cloudbuster-Maschine“ Regen auszulösen: „So vieles lässt sich doch gar nicht beweisen. Bei uns in Aussee gibt es den Watzl“, antwortete der hintergründig lächelnd. „Und wenn es regnen soll, dann macht er so etwas mit Palmbuschen, und er spricht in Zungen, und dann regnet es –  Manchmal.“

Eine beherztere Moderation, die die Debatte auf den Film konzentriert und nicht für eine grundsätzliche Debatte über Wilhelm Reich geöffnet hätte, hätte der Diskussion gut getan. So wiederholten viele Beiträge nur bereits Gesagtes und schienen vor allem vermitteln zu wollen, dass auch der Fragende Ahnung von der Materie hat. „Es ist zwar schon alles gesagt worden, nur noch nicht von allen“, wusste schon Karl Valentin. „Auf der Geburtstagstorte haben ein paar Kerzen Platz, aber das Fahrrad passt dann schon nicht mehr“ versuchte Svoboda noch einmal bildlich zu verdeutlichen, dass man sich im Film auf einige wenige Aspekte von Reichs Leben beschränkt hat. Und Brandauer gab zu Recht zu bedenken, man möge einen Film nicht mit der Haltung betrachten, dass man eigentlich gern einen anderen gesehen hätte.
 

Text: Nora Koldehoff

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