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Südstadt

Ein Jahr Krieg: „Bitte glaubt weiter an das Gute“

Montag, 13. Februar 2023 | Text: Elke Tonscheidt

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten

Am 24. Februar jährt sich der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Wir haben mit der Ukrainerin Ievgeniia Späth gesprochen, die als Vorsitzende den gemeinnützigen Verein LIFE Cologne vorantreibt. Die einst riesige Bereitschaft der Kölner*innen zu Helfen, hat inzwischen etwas gelitten und viele Kosten sind drastisch gestiegen, auch für den Verein.

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Wie ergeht es einer Frau, die neben ihrem Job als Steuerfachwirtin diese große Aufgabe stemmt?
Meine Südstadt hat sie in der Lagerhalle des Vereins am Raderthalgürtel getroffen.

Ievgeniia Späth (r.) im Gespräch mit Elke Tonscheidt (Foto: Tonscheidt)

Meine Südstadt: Ievgeniia, was fühlst Du, wenn Du daran denkst, dass bald der 24.2.23 ist und damit ein Jahr Krieg in Deiner Heimat?
Ievgeniia Späth: Dass der Krieg so lange dauern würde, hat niemand gedacht. Die meisten hofften, nach 3-4 Monaten dürfte man zurückkehren in die Heimat. Das, was ich in der Zwischenzeit aber verstanden habe, ist: So schlimm der Krieg ist, er bringt auch Menschen zusammen.

Du spürst Solidarität?
Auf jeden Fall. Ich spüre aber auch, dass die Menschen untereinander viel freundlicher miteinander umgehen. Es ist so viel Hilfsbereitschaft da, so viele helfen…

Aber ist das heute immer noch so? Ist das Engagement nicht spürbar zurückgegangen?
Tatsächlich gewöhnt man sich an alles, auch an Krieg. Am Anfang waren 99 Prozent der Menschen, die ich kenne, dafür, dass der Krieg so schnell wie möglich endet. Seit letztem Sommer hat das abgenommen, ja. Unser Bedarf war weiter da, aber ab Juli 2022 wussten wir manchmal nicht, wie wir etwas hinbekommen. Dazu stiegen bereits die Preise … und viele hatten eigene Sorgen, die zunahmen. Manche auch Burnout, wenn man sich vier Monate engagiert und es geht einfach nicht vorbei… Jetzt im Winter haben wir noch mal etwas Veränderung gesehen.

Inwiefern?
Ukrainische Winter sind hart, viel kälter als hier, wir sprechen teilweise von minus 20 bis minus 30 Grad. Und er dauert viel länger als in Deutschland – das versuchen wir den Menschen zu vermitteln. Deshalb auch unsere Wachsreste-Aktion, das ist eine Kleinigkeit für viele hier, die aber trotzdem hilft.

Wie viele Wachsreste habt Ihr über den Winter sammeln können?
Seit Oktober 2022 bis jetzt, Februar 2023, wurden über zehn Tonnen Wachsreste gesammelt. Viereinhalb Tonnen sind schon in der Ukraine. Der Rest kommt noch. Unsere zentrale Sammelstelle dafür ist in Hürth bei Familie Link. Auf unserer Website sieht man alle weiteren Sammelstellen, denn vor allem die Kirchen machen mit, aber auch die Polizei oder Privatpersonen. Und in vielen Kirchengemeinden kann man Wachsreste ebenfalls vor Ort abgeben.

Ich sehe Kisten voller Kerzen, und es riecht nach Wachs … entstehen daraus die Büchsenlichter, von denen ich auf der Website las?
Ja, das machen die Mädels von Magnet e.V., dem Verein, mit dem wir seit Sommer 2022 zusammenarbeiten. Zur Herstellung eines Büchsenlichts wird ein Pappkartonstreifen in eine Dose eingelegt und mit geschmolzenem Wachs übergossen. 1 kg Wachs ergibt etwa 5 Büchsenlichter und ein Büchsenlicht (500ml-Dose) brennt bis zu 12 Stunden – so werden auch warme Mahlzeiten möglich. Deshalb ist es so wichtig, Wachs zu spenden. Wir von Life Cologne konnten bislang 700kg Wachs zur Verfügung stellen.

Aus gesammelten Wachsresten werden Büchsenlichter hergestellt (Foto: Elke Tonscheidt)

Was war das Schwierigste für Dich in den letzten 12 Monaten?
Ich kann sehr schlecht um etwas bitten, wie zum Beispiel um Geld- oder Sachspenden. Am liebsten würde ich das alles alleine hinkriegen, aber leider verfüge ich nicht über diese Zauberkräfte. Deshalb bin ich so stolz, wie schnell LIFE Cologne gewachsen und gerade auch über die Wachskerzenreste so bekannt geworden ist.

Von wie vielen Engagierten reden wir?
Die, die permanent mitmachen? Das sind ungefähr zehn Leute, alles Mitglieder von LIFE Cologne. Plus die, die immer wieder helfen, z.B. zu Apotheken, Krankenhäusern, Kirchen fahren. Dafür sind wir sehr dankbar und bilden deren Engagement auch im Netz ab, auf Instagram beispielsweise oder Facebook.

Ein Mädchen, Tochter einer Geflohenen, räumt mit auf. (Foto: Elke Tonscheidt)

Sind Deine Mitstreiter*innen auch der Grund, dass Du doch optimistischer als zum Beispiel ich in die Zukunft schaust?
Auf jeden Fall. Ich sehe, was wir nur in einem Jahr geschafft haben! Und das geht weiter! Ich habe nun neue Kontakte z.B. in andere Länder wie Frankreich – viele, viele machen wie wir weiter. Ja, klar, sind wir auch mal müde, müssen abschalten. Aber das ist ja normal. Und wenn wir nicht mehr können, motivieren wir uns gegenseitig. Wichtig ist, dass man vor allem physisch etwas tut. Nicht mehr überlegen, wann endet dieser Krieg. Das hilft keinem. Anpacken, das hilft. Und dann fühlt man sich nicht hilflos, sondern …

… wichtig?
Ja, genau, man kann so viel tun gegen den Krieg bzw. für die Menschen, dass sie nicht in Not sind.

Wo besteht momentan der größte Bedarf?
Wir brauchen vor allem Medikamente und Ausstattung für die Krankenhäuser. Wir führen Bedarfslisten, wo das genau steht.

Life Cologne e.V. und Magnet e.V. arbeiten zusammen

In diesem Moment schaltet sich Sergej Malt, ebenfalls Ukrainer, ein: „Wir brauchen auch unbedingt Schlafsäcke und Konserven.“ Sergej ist Projektleiter von Magnet e.V. Die Stadt Köln, erfahre ich, hat dem Verein – anerkannt als interkulturelles Zentrum der Stadt Köln –  im Februar 2022 die Räumlichkeit neben der Europaschule, in der wir sitzen, überlassen. Eigentlich sollte die ehemalige Kita am Raderthalgürtel abgerissen werden, erzählt Sergej.

Zu dritt im Gespräch (v.l.:): Sergej Malt, Elke Tonscheidt und Ievgeniia Späth (Foto: Tonscheidt)

Nun sitzen wir hier also zu dritt, umgeben von aufgetürmten Kisten und Säcken voller Kleidung. Ievgeniia hatte mich hierher eingeladen, um mir zum einen zu zeigen, wie eine Sammelstelle, die sie Lager nennen, aussieht. Zum anderen, um mich mit Magnet e.V. bekanntzumachen, deren Räumlichkeiten hier in Zollstock Life Cologne seit Sommer 2022 dankbar mitnutzt.

An den 24.2.22 erinnert sich auch Sergej genau:
Sergej Malt: Mit einem Freund habe ich gleich am ersten Tag des Krieges eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet. Wir wollten alle Kräfte bündeln, sofort in die Heimat fahren, um zu helfen – sind aber doch in Köln geblieben, weil wir hier besser strukturiert sind.

Und Ihr habt dann hier von Zollstock aus die LKW losgeschickt?
Sergej: Genau, einmal pro Woche fuhr ein LKW von hier aus mit 40 Tonnen in die Ukraine. Allein in den ersten 3-4 Monaten haben wir von Magnet e.V. auf diese Weise etwa 6-700 Tonnen in die Ukraine geliefert – hauptsächlich mit Essen und Medizin, aber auch damals schon Krankenhausbetten oder Equipment für Krankenhäuser. Life Cologne kam dann ab Sommer dazu. Hier sammeln wir seitdem zusammen, unterstützen uns gegenseitig. Teilen auch Kosten.

Und heute im Winter 2023?
Sergej: In der WhatsApp-Gruppe sind mittlerweile 120 Leute aus ganz Deutschland. Wir bringen z.B. Soldaten aus der Ukraine nach Deutschland in Krankenhäuser.

Und die LKW mit den Hilfsgütern?
Sergej: Die LKW fahren immer noch, aber der Kostenfaktor ist drastisch gestiegen. Eine Fahrt hin und zurück mit einem 40-Tonner kostet heute drei bis viermal so viel wie vor einem Jahr. Deshalb fahren wir jetzt im Winter 2023 mit großem LKW maximal noch einmal pro Monat. Neben den Kosten haben wir zudem das Problem: Wir finden zu wenige Fahrer, sowohl hier als auch in der Ukraine.

Was wünscht Ihr Euch, was braucht Ihr an weiterer Unterstützung?
Ievgeniia: Mein Wunsch ist: Ich will nicht, dass die Leute aufgeben, sich an den Krieg gewöhnen. Bitte, liebe Kölner*innen, glaubt weiter an das Gute, an uns Menschen, wir können gemeinsam so viel bewegen. Und natürlich brauchen wir weitere Spenden.

Medikamente, aber sicher auch Geldspenden, oder?
Ievgeniia: Ja, wir müssen die Transporte bezahlen. Und immer brauchen wir auch Kartons, Klebebänder… und wie Sergej sagte: Fahrer, die bis zur ukrainisch-ungarischen Grenze oder auch weiterfahren, um unsere Pakete abzuliefern. Da gibt es unsere Kontaktperson Rudolf Balazhinec in Uschhorod, meiner Heimatstadt, mit dem wir ebenfalls kooperieren.

Sergej: Ich möchte noch ein Beispiel nennen, unser neues Projekt adaptive Kleidung: Hier nähen die Frauen in Kleidungsstücke, die wir gespendet bekommen, Klett- oder Reißverschlüsse im Schulter- oder Leistenbereich ein, damit Verletzte sich besser an- und ausziehen können. Diese Produkte liefern wir dann in die Militärkrankenhäuser. Dafür benötigen wir Stoffe, Gummibänder und dergleichen mehr.

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Wer helfen kann: Hier auf der Website von Magnet findet Ihr alle Infos

Ievgeniia Späth, 1990 geboren in der Westukraine (Uzhgorod), arbeitet als Steuerfachwirtin in Rodenkirchen bei Nacken Hillebrand Partner. Ihr Chef Christoph Hillebrand half ihr sofort nach Kriegsbeginn, Life Cologne zu gründen, ist dort stv. Vorsitzender. Die Kölner Hilfsorganisation ist ein gemeinnütziger Verein, der für Frieden steht und hilfebedürftige Menschen, mit Schwerpunkt Ukraine, weltweit unterstützt.

 

Text: Elke Tonscheidt

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Kommentare

  • Jeanette verwaal sagt:

    Die Grausamkeit und Ungerechtigkeit dieses fürchterlichen Krieges in einem Nachbarland von uns, ist erschreckend.
    Und trotzdem zeigt dieser Artikel, dass es dem Unmenschen Putin nicht gelingen wird, die Ukraine zu unterwerfen! Denn es gibt genügend Menschen, die sich zusammenschließen, um zu helfen und dem Agressor Paroli zu bieten; so wie hier im Artikel ausführlich beschrieben.
    Ich wünsche ihnen allen weiterhin viel Kraft und einen langen Atem! Und noch viele tatkräftige Mithelfer und vor allen Dingen viele weitere Spenden!
    Lieben Dank für die Berichterstattung.

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