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Bildung & Erziehung Gesellschaft Kultur

Ein Sommer mit Stacheldraht, Babel und einem freudigen Besuch

Montag, 7. Februar 2011 | Text: Gastbeitrag | Bild: Anke Westermann

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Armut, Maschinengewehre, in Schals gewickelte Kämpfer: Wer Palästina hört, denkt  nicht gerade an Kindertheater. Und doch gibt es das auch: Kinder aus drei Kulturen, die gemeinsam ein kulturelles Zeichen für den Frieden setzen. Eine Südstadt-Lehrerin hatte dabei ihre Finger im Spiel: Christiane Otto von der Katholischen Grundschule Mainzer Straße. Im vergangenen Sommer  begleitete sie eine Gruppe von Kindern und Betreuern, um gemeinsam mit palästinensischen, israelischen und deutschen Kindern ein Theaterprojekt im palästinensischen Beit Jala durchzuführen.

Frau Otto, Sie sind Lehrerin und Theaterpädagogin. Schlagen da zwei Herzen in Ihrer Brust?
Ja. Meine Professorin während des Studiums war ein echter Meilenstein für mich. Sie bot viel Performance, Kunst und Theater an und hat meinen Weg maßgeblich beeinflusst. Ich arbeitete dann in einer freien Theatergruppe und später habe ich während meines Grundschul-Referendariats die Zusatzausbildung zur Theaterpädagogin absolviert. Beim Theater ist immer der ganze Körper im Einsatz. Das ist das Tolle.

Im letzten Sommer haben waren sie für das deutsch-israelisch-palästinenische Theaterprojekt in Beit Jala. Wie kam es zu diesem Kontakt?
2009 hat sich eine erste Begegnung ergeben über den Arbeitskreis „Bürger für Beit Jala – Brücken statt Mauern für Palästina und Israel“. Dieser Verein wurde von Axel Becker aus Bergisch Gladbach gegründet. Zusammen mit Hannelore Shihade, der Frau des beteiligten christlichen Pastors in Beit Jala, schwebte ihm die Idee vor, ein Begegnungsprojekt mit palästinensischen und deutschen Kindern zu starten. Ich wurde dann von einem Kollegen gefragt, ob ich mitmache, denn er wusste, dass ich jedes Jahr mit dem Rad durch den Libanon nach Palästina fahre. Da radeln 250 Frauen aus aller Welt mit – wir setzen uns so für die Frauenrechte im Mittleren Osten ein. Wir suchten uns Schüler der integrativen Gesamtschule Paffrath im Alter von 12 bis 15 Jahren, um mit ihnen ein Theaterstück über Abraham und seine Söhne einzustudieren. Parallel arbeiteten Kinder aus Beit Jala in Palästina an dem Stoff, den sie natürlich ganz anders umsetzten als wir. Im Herbst 2009 kamen die Kinder dann nach Deutschland, gegenseitig haben wir uns die Theaterstücke vorgespielt und am Ende noch ein gemeinsames erarbeitet. Das war eine sehr aufregende Zeit. Aus diesem ersten Projekt entwickelte sich die Idee, ein Theaterstück mit Israelis und Palästinensern umzusetzen, weil dort ja eigentlich die wirklichen Konflikte liegen. Wir fanden die Rabbinerin Sarra Lev in Jerusalem, die gemeinsam mit einigen Kindern und Jugendlichen mitmachte. Daraufhin sind wir im Herbst 2010 mit den deutschen Kindern nach Israel/Palästina gefahren.

Wie haben sich die Kinder untereinander verständigt und wie haben Sie mit ihnen kommuniziert?
Das war der Turmbau zu Babel für mich. Es wurden plötzlich viele verschiedene Sprachen gesprochen: Ich habe deutsch und englisch gesprochen. Es gab einen Übersetzer fürs Arabische und Hebräische. Die Kinder untereinander konnten sich nicht mit Sprache verständigen, aber im Laufe der Zeit haben sie sich über die modernen Medien, gegenseitige Fotos etc. sehr gut kennen gelernt und nonverbal kommuniziert. Es wurde sehr viel gelacht!

Erste gemeinsame Probe in Jerusalem.
Wovon handelte das Theaterstück?
Das neue Stück hieß übersetzt „Von Schwertern zu Pflugscharen“ und basiert auf der Prophezeiung des Propheten Micha (Bibel, Micha 4)  – Hannlore Schihade, die deutsche Frau des erwähnten palästinensischen Pastors Jadallah Shihade aus Beit Jala hat diesen Text ausgewählt. Er handelt davon, dass irgendwann einmal alle Völker nach Jerusalem strömen und gemeinsam dort in Frieden leben werden. Das Stück vor Ort gipfelte darin, dass die Kinder aller drei Kulturen Steine aus einer Mauer abbauten und zu einer Begegnungsstätte, einem Youth Hostel, neu zusammensetzten. Zur Aufführung kamen auch die Eltern und besonders die Israelischen hatten große Angst in Palästinensergebiet zu gehen. Die Atmosphäre auch auf der anschließenden Abschiedsparty war nett, aber auch irgendwie angespannt, weil man nie wusste, was passieren wird, was sie zueinander sagen werden.

Es war ja schwierig einen Ort zu finden, an dem sich Palästinenser und Israelis legal und offiziell begegnen durften. Bitte erzählen Sie davon!
Im palästinensischen Beit Jala gibt es eine Schule namens Talitha Kumi. Die Schule hat sich im Zuge der zweiten Intifada einen zweiten Ausgang gebaut. Nun hat sie zwei Ein- und Ausgänge. Einen auf palästinensisch und einen auf israelisch regiertem Gebiet. Es dürfen beide Parteien hin, aber Israelis würden sich dort normalerweise nicht aufhalten, denn schon circa 50 Meter weiter beginnt die Zone, die Israelis nicht mehr betreten dürfen. In dieser Schule fand die erste Probe statt. Weitere Proben und die Aufführung fanden in einem Restaurant ganz in der Nähe mit dem Namen „Everest“ statt. Es befindet sich ebenfalls in der C-Zone und ist ein Ort, an dem sich Israelis und Palästinenser begegnen können.

 

Permission, um nach Jerusalem zu reisen.

 

Was war Ihr schönstes Erlebnis auf dieser Reise?
Besonders bewegt hat mich der Moment, als wir erfahren haben, dass wir mit den palästinensischen Kindern, die normalerweise nicht die Chance haben nach Jerusalem zu kommen, dorthin fahren können. Über einen israelischen Friedensaktivisten bekamen wir einem Wunder gleich eine Besuchserlaubnis für zwei Tage. Alle hatten riesige Listen ihrer Familien mitgenommen, auf denen stand, was sie alles mitbringen sollten.

Was hat Sie an Palästina am meisten beeindruckt?
Die Palästinenser sind super nett und super optimistisch, auch wenn sie vom Schicksal schwer getroffen sind. Es ist ein sehr gastfreundliches Land. Viele von den Flüchtlingen, die in den Flüchtlingslagern wohnen, glauben felsenfest daran, irgendwann in ihren Heimatort zurückkehren zu können.

Hatten Sie auch mal Angst um Ihre Sicherheit?
Am meisten Angst hatte ich an den Checkpoints. Man geht durch 40 Meter lange Gänge mit Stacheldraht über einem. Wenn man im Gebäude ankommt, wird man über Lautsprecher angesprochen. Das ist schon sehr demütigend. Es riecht alles nach Urin, weil die Leute teilweise stundenlang warten müssen, um auf die andere Seite zu kommen. Ansonsten habe ich mich im Land nie bedroht gefühlt oder gefährdet.

Welche Gefühle hat man als Deutsche beim Anblick der meterhohen und insgesamt 700 Kilometer langen Mauern (antipalästinensische Schutzwälle), wenn man in diesem Gebiet arbeitet?
Wut! Das Straßensystem der Israelis ist top, das der Palästinenser voller Schlaglöcher. Dann diese riesige Mauer und die Häuser, die als nächstes abgerissen werden sollen. In Beit Jala wurden beispielsweise mehrere Jahrhunderte alte Olivenhaine zerstört, um die Mauer weiter zu bauen. Das ist einfach so ungerecht.

Israelische Schutzwall mit Wachtturm.

Fühlten Sie Befangenheit gerade im Umgang mit den israelischen Kindern und Erwachsenen, denen Sie begegnet sind?
Ja. Das Thema Holocaust ist sehr präsent, viele der Familien der teilnehmenden Theaterkinder hatten Opfer. Man wird oft daran erinnert.

Soweit ich weiß, wurden Sie von der KGS Mainzer Straße für dieses Theaterprojekt ein paar Tage freigestellt. Das ist ja auch eine tolle Unterstützung gewesen, oder?
Das war ganz schön nett! Ich wurde eine Woche nach den Herbstferien freigestellt. Im Gegenzug werde ich versuchen eine Schulpartnerschaft zu arrangieren. Das gestaltet sich etwas schwierig, aber ich finde sicherlich bald eine geeignete Schule.

Werden Sie wieder dorthin fahren?
Ja. Wir planen eine erneute Begegnung im Herbst 2011. Wir möchten jetzt noch mal andere Seiten kennen lernen. Es gibt einen Ort im Norden Israels, in dem in einer Schule jüdische, muslimische und christliche Kinder gemeinsam unterrichtet werden. Die palästinensischen Kinder aus Beit Jala dürfen dort aber wahrscheinlich nicht hin. Dann müssten wir umdenken. Wir werden in jedem Fall mit den deutschen Kindern wieder in dieses Gebiet reisen, um neu gewonnene Freunde zu besuchen. Das ist nach wie vor alles sehr bewegend für mich, weil ich sehr viel von dem Land mitbekommen habe.

 

Silke Hallmann

Die Autorin ist freie-Journalistin, lebt und arbeitet in der Kölner Südstadt.

 

Fotos aus Palästina von Christina Otto.

Text: Gastbeitrag

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