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Politik

„Ernährungspolitik für Köln“

Freitag, 10. Juli 2015 | Text: Stefan Rahmann | Bild: Stefan Rahmann

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Die beiden Kölner Oberbürgermeisterkandidaten Henriette Reker und Jochen Ott diskutierten darüber, was wir in Zukunft essen und wo und wie unser Essen produziert wird. Stefan Rahmann hat ein paar ihrer Ideen aufgegabelt.

Ob bei den Rekers und Otts irgendwann mal kleine Brötchen gebacken wurden, hatten sie selbst in der Hand. Beide Kandidaten stammen aus Bäckerfamilien. Beste Voraussetzungen also sozusagen von Haus aus für Henriette Reker und Jochen Ott, im Innovationshaus „Solution Space“ über das Thema „Ernährungspolitik für Köln“ zu diskutieren. Mit von der Partie in der gemütlichen Sofarunde waren Valentin Thurn, Dokumentarfilmer („Taste of the waste“) und Moderator Brian Schneider, Redaktionsleiter bei Köln TV. Thurn wartete zunächst mit ein paar Fakten auf.

 

29 Minuten am Tag für die Zubereitung von Essen

 

In den vergangenen sieben Jahren sei der Anteil der Haushalte, in denen gekocht werde, von 75 auf 66 Prozent gesunken: „Wir wenden jeden Tag 29 Minuten für die Zubereitung von Essen auf. Inklusive Käsebrötchen schmieren und Kaffee kochen. Jede Minute weniger lässt den Body Mass Index steigen.“ Thurn und andere möchten in Köln einen sogenannten Ernährungsrat etablieren. Der soll die Politik beraten in Sachen lokales Ernährungssystem. Mitglieder sollen Wissenschaftler, Landwirte, Gastronomen, Initiativen wie Slow Food und Urban Gardening, Bildungseinrichtungen, Politiker und Vertreter aus der Verwaltung sein.

 

Ein erstes Treffen mit 100 Leuten hat es laut Thurn bereits gegeben, mit der offiziellen Gründung rechnet er für den Herbst. Reker und Ott wollen den Rat als Oberbürgermeister unterstützen und ihn ansiedeln im städtischen Amt für Umwelt und Verbraucher. „Ernährung ist natürlich eine Querschnittsaufgabe in der Verwaltung. Trotzdem sollte man keine Stabsstelle im Amt des Oberbürgermeisters einrichten. Für solche Aufgaben haben wir ja die Dezernate“, sagte Ott.

 

Wollen, bezahlen, wissen

In ihrem Eingangsstatement erinnerte sich Reker an entgangene Schwimmbad-Besuche in ihrer Jugend, weil sie zu Hause beim Kochen geholfen habe. Aus Freude an der Sache. Die macht ihr auch heute noch Spaß: „Sie zeigen jemandem sehr intensiv Ihre Zuneigung, wenn Sie ihn bekochen.“ Wichtig ist ihr, dass die Menschen aufgeklärt werden über das, was sie essen: „Gesunde Ernährung ist eine Frage des Wollens, des Bezahlens und des Wissens.“ Die Kölner kämen nicht darum herum, ihre Ernährung hauptsächlich auf regionale Erzeugnisse umzustellen, weil nicht zuletzt die Transportkosten für Lebensmittel in Zukunft enorm steigen würden.

 

Bei dieser Umstellung, so Reker, „müssen wir alle mitnehmen. Insbesondere die, die nicht soviel Geld haben“. Über das Wie müssen man nachdenken. Ott möchte erreichen, „dass gesundes Essen wichtiger wird“. Er nannte als Beispiel die Schulen. „Die Eltern verlassen sich darauf, dass das Essen im Ganztagsbetrieb gut ist. Aber es gibt große Caterer, die sehr viele Schulen beliefern und die sich dem Protest der Kinder aussetzen müssen, weil es denen nicht schmeckt.“ Ott beschrieb, wie das Problem in Porz-Grengel gelöst wurde: Dort hat ein ortsansässiger Gastronom das Catering in der Grundschule übernommen. Alle Proteste gegen die Qualität des Essens seien verstummt.

 

Stadtteilkantinen als Lösung?

Ott denkt über die Einrichtung sogenannter Stadtteilkantinen nach. Die könnten in den entstehenden Bildungslandschaften in Köln eingerichtet werden und neben den Schülern auch der Nachbarschaft zur Verfügung stehen. Zum Beispiel auch auf dem Helios-Gelände. Oder in Bürgerzentren. Schon heute öffneten städtische Gesellschaften ihre Kantinen für die Leute von nebenan.

Zum Thema Ernährung in der Stadt gehört für beide Kandidaten das „urban gardening“. Reker lobte deren Beitrag zum Thema Ernährungsbildung gerade für Kinder. Aber es gebe darüber hinaus noch einen weiteren Aspekt: „Jede Pflanze hilft uns gegen den erwarteten Temperaturanstieg und gegen Starkregen.“ Sie kann sich Gemeinschaftsgärten auch in öffentlichen Parks vorstellen, denn: „Wenn man da Fußball spielen darf, wird man wohl auch dort gärtnern dürfen. Der Park soll ja den Interessen der Bürger dienen. Ich finde es gut, wenn die sich auf diese Weise den öffentlichen zurück erobern.“

 

Ott erinnerte an den sozialen Aspekt des „urban gardening“. In Vingst hat das damit angefangen, dass die Leute sich um Blumen auf einem Mittelstreifen gekümmert haben. Dann trafen sie sich kurz darauf zum gemeinsamen Frühstück vor dem Gärtnern. Und jetzt essen alle auch zusammen zu Mittag. Das ist eine ganz neue Form der Lebensberatung und Quartiersentwicklung von unten. Ich unterstütze das.“ Reker natürlich auch.
 

Text: Stefan Rahmann

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