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Südstadt

Getragenes – Zoo am Sack

Samstag, 11. Mai 2013 | Text: Reinhard Lüke | Bild: designwork.eu

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Ich drehe mich nach Frauen um. Hin und wieder. Nicht, dass ich da groß auf der Suche wäre. Nur so. Manche Männer recken den Hals, wenn ein rasanter Sportwagen an ihnen vorbei kachelt oder irgendein FC-Kicker ihren Weg kreuzt, bei mir sind´s halt Frauen. Ist das noch erlaubt oder läuft das inzwischen schon unter Sexismus? Mir egal. Bisweilen kann so ein Blick zurück aber auch arg ernüchternd sein. Kam mir letztens auf der Vringsstraße eine attraktive Dame mittleren Alters entgegen und hatte dieses gewisse Strahlen im Blick. Na, da schau an, dachte ich bei mir. Drehst du dich mal um. Und dann der Schock: Stofftiere an der Handtasche!!! Ich weiß gar nicht, wo man diese Bärchen, Schäfchen und Tigerchen mit kurzem Kettchen und Clip-Verschluss heutzutage käuflich erwerben kann. Zu meinen dörflichen Teenie-Zeiten gab es die nur in Schießbuden auf Schützenfesten. Und wenn es einem gelungen war, der Flamme seines Herzens so ein Miniatur-Vieh nach Wunsch („Das Zebra, das Zebra! Das ist sooo süß!“) aus einem Gipsröhrchen zu knallen, trug sie es anschließend an ihrem Handtäschchen spazieren. Wenn man Glück hatte. Wurde Zebri durch Pony ersetzt, hieß das in der Regel, dass die Dame inzwischen einem anderen Jäger ihr Herz vermacht hatte. Was mit den im Misskredit geratenen Anhängern passierte, weiß ich nicht. Haben sie die flugs in den Müll entsorgt oder in der Schublade gehortet? Dass Mädchen damals mehrere Tierchen gleichzeitig am Täschchen gehabt hätten, ist mir jedenfalls nicht erinnerlich. Frauen schon gar nicht.

 

Ab einem gewissen Alter hatte sich das mit diesen Schießbudenfiguren einfach erledigt. Seit ein paar Jahren sehe ich aber reife Damen auf der Straße mit ganzen Zoos am Täschchen, bzw. der ach so unkonventionellen Variante namens Rucksack. Tragen die ihre Trophäensammlung von früher spazieren, sind das nur die Bonsai-Ausgaben der Plüschtiere, die sie daheim auf der Couchgarnitur dapiert haben? Handelt es sich da womöglich um eine Geheimsprache? Wollen sie mir damit irgendwas sagen? „Bin noch zu haben!“ „Bin an guten Gesprächen interessiert.“. „Bin tierlieb und Veganerin.“ Oder vielleicht doch nur: „Bin irgendwie pubertär zurückgeblieben und hab´ nicht alle Latten am Zaun“? Natürlich könnte ich einfach mal fragen. Aber ich rede nicht mit Frauen mit Stofftieren am Sack! Da können sie im Blick haben, was sie wollen. Umdrehen werde ich mich aber weiterhin. Jedes – Achtung, jetzt aber Sexismus! – Ding hat schließlich zwei Seiten.

Pappe? Ich gehör´ dazu
Aber das Rumtragen seltsamer Gegenstände ist ja derzeit schwer in Mode. Dass man sich Babys nach Indianersitte in Wickeltüchern vor den Bauch schnallt, statt sie in Kinderwagen durch die Gegend zu kutschieren, verstehe ich ja noch. (Weshalb kerngesunde Erwachsene im Gegenzug fünf Tütensuppen im Hacken-Porsche (Einkaufs-Trolley) nach Haus befördern, kapier´ ich schon weniger.) Auch daran, dass man Beschäftigungen wie das Telefonieren, und die Musikrezeption aus der heimischen Stube auf die Straße verlegt hat, hab´ ich mich gewöhnt. Das ist der Fortschritt. Rätselhaft ist mir aber nach wie vor das massenhafte Herumtragen von Pappbechern in der Öffentlichkeit.

 

Zugegeben, als freiberuflicher Heimarbeiter genieße ich das Privileg, mein Tagwerk in Reichweite eines Vollautomaten zu verrichten. Was ich unbedingt zu schätzen weiß. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es mir, ginge ich einer Tätigkeit als Angestellter nach, morgens an der Zeit fehlen sollte, mir in der heimischen Küche einen Kaffee zu brühen. Das ist doch schnell gemacht. Was also mag diese „To go“-Jünger umtreiben? Vermute mal, es handelt sich weniger um ein modisches Accessoire als um die papierne Ausdrucksform einer Vorstellungsorientierung.

Wo Onkel Precht Erfolge Philosophie to go feiert, suggeriert so ein Pappbecher mit irgendeiner Latte soundso, dass sein Träger voll vital im Leben steht, total busy ist und ihm für Belanglosigkeiten wie Kaffeekochen schlicht die Zeit fehlt oder er diese banale Tätigkeit seinem kreativen Genius für nicht angemessen einschätzt. Und wer morgens um 9 durch den Rheinauhafen flaniert, erntet als Nicht-Becher-Träger mitleidige Blicke, als habe er die Zeichen der Zeit definitiv nicht verstanden. Drum wage ich mal eine steile Vermutung: In den meisten dieser mitgeführten Becher ist überhaupt nix drin. Nix Presso, nix Latte, nix grüner Tee. Die Dinger werden am Monatsfang erstanden, pfleglich behandelt und die folgenden Wochen einfach als Statussymbol mitgeführt, um irgendwie dazu zu gehören.

Nackig am Morgen
Beim Frühstücksfernsehen würden die Virtuosen der kunstvollen Überleitung jetzt sagen: „Unser nächstes Thema“. Weil ich diese stets unbändig gut gelaunten Grinsebacken nach dem Erwachen kaum ertrage, habe ich ein anderes Starterprogramm, um in den Tag zu kommen. „Alpenpanorama“ bei 3 Sat oder das entsprechende Format im Bayrischen Rundfunk. Da gibt es an den touristischen Hot Spots der Region fest installierte Kameras, die in Panorama-Schwenks live die Schönheiten der Gegend ablichten. Ich find´ das spannend. So sitzt da seit Tagen eine fette Spinne auf der Live-Cam von Bad Endorf im Chiemgau. Und jeden Morgen bin ich gespannt, ob sie noch da ist oder ob die örtliche Kurverwaltung inzwischen einen Kammerjäger beauftragt hat, das Tier zu beseitigen. Ist ja doch schlecht fürs Image, so ein Ekel-Vieh auf der Linse. Heute ging es der Spinne jedenfalls noch bestens.

Überhaupt verstehe nicht, warum die Menschen diese Kameras so wenig nutzen. Man könnte doch Transparente mit Forderungen aller Art ins Objektiv halten, originelle Heiratsanträge gestalten oder sich einfach mal nackig machen. Passiert aber nicht. Vermutlich weil alle denken: Guckt doch eh keine Sau. Liebe Leute, nicht so zaghaft, ich guck‘ das. Leidenschaftlich. Genau wie Teleshopping. Mein Highlight-Satz der letzten Woche bei HSE 24: „Das geht auch für die wärmeren Tage. Da sind sie einfach glücklich, wenn Sie daheim auf der Terrasse mal eine 7/8-Hose tragen können.“ Ist doch einfach schön, wenn Glück darin besteht, einfach mal eine 7/8 tragen zu können.

Text: Reinhard Lüke

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