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Gesellschaft

Migrant ist nicht gleich Migrant

Sonntag, 17. Oktober 2010 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Redaktion

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Integrationskurse sind in aller Munde! Sie sind populärer denn je. Seit Januar 2005 gibt es diese Kurse in Deutschland  und bisher haben 600 000 Menschen daran teilgenommen. Mehr als die Hälfte davon tut es freiwillig. Denn nicht alle Migranten sind hier willkommen. Vom Leidensweg eines Schweden in Deutschland:

Im Juli ist Björn Mikael nach Deutschland gezogen, nach Köln-Bayenthal. Er ist gebürtiger Schwede und in der glücklichen Lage mein standesamtlich geehelichter Mann zu sein. Eigentlich ist es nicht in unserem Interesse, die Ehe zu propagieren oder Menschen diesbezüglich missionieren zu wollen. Aber in diesem Fall sollte es von enormem Vorteil sein, verheiratet zu sein.   

Angemeldet – und was nun?
Gewissenhaft wie wir sind, haben wir Björn Mikael direkt nach seiner Reise in Deutschland angemeldet. Er verfügt auch nicht über Deutschkenntnisse. Also erkundigten wir uns gleich bei der Ausländerbehörde im Einwohnermeldeamt nach den vielbesprochenen und –gepriesenen Integrationskursen. Nun begann das Abenteuer!
Die nette Dame im Amt klärte uns erst einmal darüber auf, dass der Schwede keinen Anspruch auf eine Teilnahme an einem Integrationskurs habe, da er aus den EU-Landen stamme. Die Integrationskurse, in denen neben Deutschkenntnissen auch die deutsche Kultur, Geschichte und das Rechtssystem vermittelt werden, seien für Nicht-EU-Bürger vorgesehen. Aber wir könnten es ja einmal probieren. Wir ließen uns nicht einschüchtern und konnten dies im Übrigen auch noch gar nicht richtig glauben.

Als erstes benötigten wir eine so genannte „Freizügigkeitsbescheinigung“ für Björn Mikael. Freizügigkeit bezieht sich in diesem Falle nicht auf die sexuelle Einstellung des Einreisenden sondern schlicht und ergreifend bescheinigt dieses Dokument, dass man hier arbeiten darf, quasi eine Arbeitserlaubnis. Normalerweise erhalten EU-Bürger diese automatisch mit der Anmeldung, behauptet Herr Lüdemann, Sachgebietsleiter bei der Ausländerbehörde in Köln-Kalk.
Aber in der Realität benötigt man je nach Standpunkt der Behörde auch die unterschiedlichsten Unterlagen. Von uns wollte die Behörde folgende Dokumente: einen Mietvertrag, einen Nachweis über Krankenversicherung in Deutschland, Einkommensnachweise in Deutschland, Nachweis über unsere Eheschließung und unsere Ausweise.
Außer den Ausweisen und der Eheschließung mit einer deutschen Staatsbürgerin verfügte Björn Mikael über keines dieser Dokumente. Er war weder krankenversichert in Deutschland noch angestellt und einen Mietvertrag hatte er auch nicht. Wer sollte ihn ohne Deutschkenntnisse auch anstellen?
Wir fingen also bei der Krankenkasse an. Über mich konnte er familienversichert werden. Die Krankenkasse wollte natürlich auch den einen und anderen Nachweis und es dauerte ein paar Wochen bis Björn Mikael nun endlich in Deutschland krankenversichert war. Einkommensnachweise konnten wir meine geltend machen und im Mietvertrag wurde er mit aufgenommen  Ungefähr sechs Wochen nach seiner Anmeldung waren wir stolze Besitzer einer Freizügigkeitsbescheinigung. Die geben wir jetzt freiwillig auch nicht mehr aus den Händen – lediglich in Kopie!
Was ist wohl mit all den EU-Bürgern, die keine deutsche Ehefrau haben?

Integrationswillig – na und?
Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fordern wir eine Anmeldung zum Integrationskurs an. Unbedingt sollten wir der Anmeldung die Kopie der Freizügigkeitsbescheinigung beifügen und erklären, warum Björn Mikael sich in Deutschland integrieren wolle. Ob er Deutschkenntnisse für die Einbürgerung brauche? Nein, er wollte eigentlich gerne Schwede bleiben.
Damit hat sein Anliegen nun wirklich nichts zu tun. Es entspringt einfach dem Willen, die deutsche Sprache zu erlernen, sich mit Land und Leuten auseinander setzen  zu können und anschließend hier zu arbeiten. Das war es doch, was die Herren Politiker wollten, oder? Das nannten sie dann doch „integrationswillig“, oder nicht? Aber anscheinend geht es darum nicht wirklich. Es geht nur um Gesetze und Papiere.
Ein Nicht-EU-Bürger reist mit einem Visum ein, das nur für eine bestimmte Zeitspanne gültig ist, erklärt Jens Buttler, der die Regionalstelle Köln leitet und zuständig ist für die Betreuung der Integrationskurse im Regierungsbezirk Köln beim Ministerium für Migration und Flüchtlinge. Die Verlängerung dieses Visums beruht auf die Erfolge des Eingereisten im Integrationskurs. Soweit,  so gut. Der EU-Bürger allerdings reist ohne Visum ein. Da läuft also auch nichts ab und sein Integrationswille ist freiwillig.
Pech gehabt – Björn Mikael kommt aus dem falschen Land! Er hat keinen Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs.

Vorbild: Schweden
Björn Mikael ist sprachlos – und ich auch. Ich bin auch nicht mehr in der Lage, irgendein auch nur irgendwie annähernd akzeptables Argument für die Situation zu finden. Da gibt es Menschen, die aus bestimmten Ländern nach Deutschland einreisen und aus diesem Grund zu einer Teilnahme am Integrationskurs „verpflichtet“ werden. Und dann gibt es Menschen, die aus anderen Ländern nach Deutschland einreisen und „freiwillig“ an einem Kurs teilnehmen können – aber auch nur, wenn man diesen Wunsch plausibel begründen kann und es dann auch einen Platz in dem Kurs gibt. Irgendjemand scheint davon ausgegangen zu sein, dass Leute, die in der EU geboren werden, von Natur aus Deutsch können. Sie saugen dies mit der Muttermilch auf, oder so etwas. Dies gilt übrigens auch für die Spätaussiedler – die sind ja Deutsche und müssen nicht integriert werden, auch wenn sie keine Silbe Deutsch sprechen.

Kathrin Trap-Höhner betreut die Integrationskurse bei Berlitz in Köln und beobachtet, dass immer mehr EU-Bürger Interesse an den Kursen haben: „Aus Griechenland, aus Italien, aus Frankreich hatten wir schon jemanden da. Aus Polen. Im Prinzip, kommen sie von überall her schon. Die Leute, wenn sie nach Deutschland kommen, das erlebe ich hier einfach, wollen so schnell wie möglich Deutsch lernen, so intensiv wie möglich, so viel wie möglich, um sich halt wirklich integrieren zu können. Und da ist es gut, dass es da mittlerweile die Hilfe gibt in Form von Integrationskursen.“
Falls Björn Mikael zu dem Integrationskurs zugelassen wird, dann muss er sowieso nach Ausstellungsdatum dieses Dokuments drei Monate (!) warten, wegen oben erwähnter Visumssituation der Nicht-EU-Bürger und deren dringenderem Integrationsbedürfnis. Und bezahlen muss den Kurs auch jeder Teilnehmer. Der vollständige Integrationskurs besteht aus 645 Stunden und wird in ca. sechseinhalb Monaten absolviert. Eine Stunde kostet 2,35€. Der EU-Bürger, der zum Kurs zugelassen wurde und ein Teilnehmer aus einem Nicht-EU-Land zahlen 1€ pro Unterrichtsstunde Eigenanteil, den Rest finanziert der Bund. Es sei denn, ein Teilnehmer ist Hartz 4 Empfänger. Oder das Einkommen der Familie ist zu gering, um die Teilnahme finanzieren zu können. Dann übernimmt der Bund die gesamten Kosten – auch für den EU-Ausländer.
In Schweden, sagt Björn Mikael, ist eine Teilnahme an einem Schwedisch-Kurs obligatorisch für alle Migranten – egal aus welchem Teil des Globus sie eingereist sind und kostenlos. Von diesem (Selbst-)Verständnis sind wir hier in Deutschland noch Lichtjahre entfernt.

 

Text: Aslı Güleryüz

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