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Gesellschaft Wahlen

Plakataktion in der „Fiffi“-Bar – versuchter Wahlbetrug oder harmlose Satire?

Montag, 16. September 2013 | Text: Wassily Nemitz | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Es fing alles an mit vier DIN A3-Plakaten – nach eigenen Angaben nichts ahnend hängt Raimund Eck sie in die Fenster und die Toilettenräume seiner „Fiffi Bar“ an der Bottmühle: „Tausche Wahlschein gegen Cappuccino“, heißt es in weißen Buchstaben auf rotem Grund. Zwölf Stunden später steht ein Reporter der WDR-„Lokalzeit“ auf der Matte, nicht wenig später der „Express“. Dann kommt die Kriminalpolizei. Die Beamten begleiten Raimund Eck von seiner Wohnung zur Bar und beschlagnahmen die Plakate. Dann kommt der „Express“-Fotograf, auch angeblich nichts ahnend, und aus der kleinen Meldung über skurrile Aktionen von Nichtwählern wird eine Titel-Story. In der Samstags-Ausgabe des Blatts prangt ein Bild von Raimund Eck neben der Überschrift „Wahlbestechung! Polizei stoppt Fiffi-Wirt!“.

Einen Tag später sitzt Raimund Eck in seiner Bar, die Tochter spielt auf seinem iPad herum, er zündet sich eine Zigarette an. „Das Ganze ist zu einem Selbstläufer geworden“, sagt er, „dass es soweit kommen würde, hätte ich nie gedacht.“ Er selbst habe bis auf eine Ausnahme noch nie gewählt. „Ich kann mich mit keiner der zur Wahl stehenden Parteien identifizieren“. Für die Demokratie sei er natürlich trotzdem. Was müsste sich denn ändern, damit er wieder seine Stimme abgibt? Raimund Eck überlegt, dann sagt er: „Mmh, eine wirkliche Lösung habe ich auch nicht. Aber das ist ja sicherlich auch kein Grund, wählen zu gehen.“ In seinem monatlichen Newsletter an die „Fiffi“-Besucher drückt er es drastischer aus: „Warum sich für das kleinere Übel entscheiden müssen; ist es eine Bürgerpflicht, sich alle 4 Jahre für irgendeinen Knallchargen zu entscheiden, der einem im wahren Leben schon bei einer Tasse Tee auf dem Sack ginge?“

Fünf Wochen Zeit hat Eck jetzt, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Konkret wird ihm angelastet, gegen den § 108b des Strafgesetzbuches vorstoßen zu haben, wie ein Pressesprecher der Polizei Köln gegenüber „Meine Südstadt“ erklärte. Dort heißt es: „(1) Wer einem anderen dafür, dass er nicht oder in einem bestimmten Sinne wähle, Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (…)“. Da Eck gegen das Aushändigen eines „Wahlscheins“ (der so nicht existiert, gemeint sein sollte laut Raimund Eck die Wahlbenachrichtigung) einen Cappuccino versprochen wurde, sieht die Polizei den Anfangsverdacht der Wählerbestechung. Die Akten werden zur Eröffnung eines Verfahrens der Staatsanwaltschaft übergeben, bis heute sind dort nach Angaben eines Sprechers der Staatsanwaltschaft Köln aber noch keine Unterlagen eingegangen.

Aufmerksam geworden ist die Polizei auf den Vorgang wiederum durch das Wahlamt der Stadt Köln. Dort fragte besagter „Express“-Reporter nach, wie die Aktion dort bewertet werde. Das Wahlamt wurde hellhörig und begann, eine juristische Prüfung des Vorgangs einzuleiten. Stadtsprecherin Inge Schürmann erklärte im Gespräch mit „Meine Südstadt“, die Unterlagen seien anschließend an die Polizei weiter geleitet worden, um dort eine endgültige juristische Prüfung durchzuführen.

Schürmann selbst glaubt unterdessen an eine PR-Aktion des Wirts: „Ich denke, das sollte ein Marketing-Gag sein“, sagte sie, „meiner Meinung nach ist so etwas aber äußerst billig.“ Sie verwies darauf, dass in zahlreichen Ländern der Welt selbst heute kein Wahlrecht bestehe – da sollte man keine „Halli-Galli-Aktion“ draus machen.
Raimund Eck selbst versichert, eine solche Intention habe er nie gehabt: „Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ich das Wahlsystem in seiner heutigen Form ablehne und satirisch gemeint einen Cappuccino anbieten.“ Er gehe davon aus, dass das Verfahren gegen ihn entweder gar nicht eröffnet oder bald wieder eingestellt werde. Seine Stellungnahme werde er erst nach der Bundestagswahl einreichen – „wenn sich die Aufregung wieder gelegt hat.“

Aus Sicht des Kölner Rechtsanwalts Dieter Kublitz muss Eck die Vorwürfe aber durchaus ernst nehmen. Auch er spricht besagten § 108b an und meint: „Einschlägig ist die Wählerbestechung, die aus meiner Sicht ziemlich offenkundig gegeben ist.“ Außerdem weist er auf § 107a des StGB hin, in dem es unter der Überschrift „Wahlfälschung“ heißt: „(1) Wer unbefugt wählt oder sonst ein unrichtiges Ergebnis einer Wahl herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (…) (3) Der Versuch ist strafbar (…)“.
Rechtsanwalt Dieter Kublitz: „Hier kommt die versuchte Wahlfälschung in Betracht, weil durch das beabsichtigte Einkassieren von Wahlbenachrichtigungen ein unrichtiges oder verfälschtes Wahlergebnis bewirkt werden könnte.“ Dazu sei es wichtig zu wissen, was mit den Wahlbenachrichtigungen gemacht werden sollte.
Der „Fiffi“-Wirt erklärt, diese habe er nicht nutzen, sondern vermutlich der Entsorgung zuführen wollen. Nach Prognose des Rechtsanwalts ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Verfahren eröffnet wird. Um ein Strafmaß zu vorherzusehen, seien allerdings zu viele Faktoren unklar. Möglich wäre zwischen einer kleinen Geldstrafe und einer langjährigen Haftstrafe jedoch alles.

Bleibt noch die Frage nach Raimund Ecks Gaststätten-Konzession – der „Express“ hatte behauptet, es drohe ein Entzug. Eck hält das für reichlich übertrieben und unwahrscheinlich, ähnlich sieht es Rechtsanwalt Kublitz. Stadt-Sprecherin Inge Schürmann erklärte, eine Konzession könne nur bei Unzuverlässigkeit des Inhabers entzogen werden. Dazu zählten nicht nur unmittelbar mit dem Kneipen-Betrieb zusammenhängende Dinge wie gesäuberte Bierleitungen, sondern auch nicht gezahlte Krankenversicherungsbeiträge für die Mitarbeiter. Die Behauptung des „Express“ sei nicht zutreffend, entsprechende Gespräche mit dessen Reporter seien „etwas merkwürdig“ gewesen.

Der überzeugte Nicht-Wähler Raimund Eck zeigt die Bundestagswahl trotzdem in seiner Bar – kommen dürfen auch Wähler. „Wir lästern ausgiebig um die Wette“, heißt es in seinem Newsletter. Angenommen hat sein Angebot im Übrigen niemand – jetzt heißt es auf neuen Plakaten: „Zentrale des Wahlbetrugs – Tausche Cappuccino gegen Weltfrieden“.

Text: Wassily Nemitz

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