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Kultur

Schätze der Südstadt: Afrika unter Tage

Samstag, 4. Februar 2012 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Es ist einer dieser Orte, die man einmal in seinem Leben gesehen haben muss: das Depot des alten Rautenstrauch-Joest-Museums am Ubierring. 13.000 Objekte lagern hier (und warten auf ihren Umzug in den Neubau am Neumarkt). Masken, Waffen, Schilde, Figuren, Thronsitze. Es ist ein fantastischer Schatz, mitten in der Südstadt. Und genau 10 Menschen dürfen ihn eine knappe Stunde lang anschauen – als Inspiration für das Theaterprojekt „TanzKulturen der Welt – East meets West“. „Meine Südstadt“ war als einziges Medium exklusiv dabei.

Ubierring 45, 16 Uhr. Werktags hält hier Wolfgang Wilcke die Stellung – er ist der Pförtner und stellt freundlich klar: „Um 17 Uhr sind Sie alle wieder draußen“. Dr. Clara Himmelheber verliert darum auch nur wenige Worte zur Begrüßung: Sie ist die Afrika-Kuratorin des Museums und wird die kleine Gruppe führen, zu der die Choreographen Ilona Pászthy und Slava Gepner zählen, außerdem die Regisseurin Svetlana Fourer und der Künstler und Bühnenbildner MiegL. Still ist es in dem alten Museumsbau, und wir steigen das große Treppenhaus hinunter in den Keller.
Kaum ist die Tür offen und das Licht eingeschaltet, kommen die Augen nicht mehr zur Ruhe: Als erstes strecken sich dem Besucher zwei Füßchen aus dunklem Holz entgegen: eine liegende Skulptur in Regal 2, Fach 6. Gelbe Aufkleber geben Orientierung in dem Raum, der mindestens 15 mal 15 Meter groß ist und insgesamt über 13 Regalzeilen verfügt. Rechts an der Wand hängen bis zur Decke hinauf Schilde: einige sind aus Holz, einige geflochten, alle tragen Nummern wie „16146“, „20816“ und „43310“.

 

Clara Himmelheber ist in ihrem Element: Sie berichtet, dass die Sammlung im Großen und Ganzen nach Regionen geordnet ist – Süd-/Ost- und Nordafrika sowie Zentral- und Westafrika. Der Schwerpunkt, erzählt sie, liegt auf Objekten aus dem 19. und vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Den Grundstock schuf einst der Kölner Wilhelm Joest mit mehr als 3.000 Objekten, später wurde die Sammlung erweitert, unter anderem um den Fundus des Düsseldorfer Künstlers Klaus Clausmeyer.

Wir sind alle baff und träumen davon, unsere Wohnzimmer mit diesen einzigartigen Objekten einzurichten. „Ich würde am liebsten alles mal berühren, damit spielen und ein paar Dinge zum Improvisieren mitnehmen“, meint Svetlana Fourer, die Regisseurin. Clara Himmelheber zieht Handschuhe über, um die Sammlung zu schonen, und führt uns in eine der Regalreihen. Wir sind angekommen im 19. Jahrhundert, in Zentralafrika, und links in Kopfhöhe stehen einige furchteinflößende Figuren: Sie sind 60, 70 Zentimeter hoch, haben vor dem Bauch eine Art Kästchen mit einem Spiegel darin – und am ganzen Körper sind lange, dunkle Nägel in die Figur hineingeschlagen worden. Voodoo? Clara Himmelheber winkt ab. „Nichts dergleichen. Das sind Nkisi-Figuren, die wurden bei Problemen wie Unfruchtbarkeit oder Krankheiten konsultiert. Um ihre Kraft zu aktivieren, haben die Menschen die Nägel hineingeschlagen.“

Wir sehen uns um – und erblicken hinter uns im Regal Dutzende Messer und Dolche, lang, kurz, breit, flach, gebogen. Svetlana Fourer gerät ins Schwärmen und ahmt die Geste des Stechens nach, wirft den Kopf zurück und hält die Hände vor den Bauch: Ganz offensichtlich bringt die Afrika-Sammlung die Künstler in Bewegung. Dürfen sie sich für ihre Performance Objekte aus dem Depot aussuchen? „Nein“, meint Clara Himmelheber, „die Ortsbegehung heute dient nur als Hintergrund und ist für neue Ideen gedacht. Aber wir haben einige Nkisi-Figuren in der Ausstellung am Neumarkt“.

Regisseurin Svetlana Fourer.

 

Wie macht man aus der Begegnung mit Kunst eine Theaterperformance? Das Schlagwort lautet Abstraktion: Dieser Begriff taucht in den Gesprächen, die ich zwischendrin flüsternd mit den Künstlern führe, immer wieder auf. Der Choreograph Slava Gepner etwa meint, er beziehe sich in dem Theaterprojekt gewiss nicht auf eine konkrete Ausstellung. „Mich interessiert eher die Idee der Reiserei, die Faszination des Anderen in der Kultur. Ich habe zum Beispiel in den Tagebüchern von Wilhelm Joest über seine Reisen gelesen. Ich selbst bin in Polen geboren, habe in Russland studiert und lebe seit fünf Jahren in Köln. Als Tänzer bin ich zum Reisen verdammt. Die Politik steht bei meiner Arbeit eher im Hintergrund.“ Ich hake nach: Afrika, das heißt auch Kolonialismus und Ausbeutung: Kann man dabei unpolitisch bleiben? Der Choreograph denkt nach. „Eigentlich“, meint er, „bin ich ja selbst politisiert. Ich bin ein Kind der Revolution, 1989 in Polen: da war ich 14 Jahre alt.“

 

Reihe für Reihe geht es weiter durch den unterirdischen Schatz am Ubierring. In Zeile 7 sehen wir Kpelie-Masken der Senufo, einer Volksgruppe aus der Elfenbeinküste. Einige der Masken wurden benutzt, sie weisen Abdrücke und Spuren von Schweiß auf, besitzen also eine gewisse Patina. Andere wurden explizit für den europäischen Markt angefertigt und haben auf der Rückseite einen Haken, damit man sie schön an die Wand hängen kann. Ich frage Ilona Pászthy, ob sie sich vorstellen kann, bei der Performance mit einer Maske in der Hand zu tanzen. Sie verneint sofort: „Das ist mir zu dicht dran. Ich suche nach Abstraktion und Transformation“. Da ist es wieder, das Wort „Abstraktion“. Ich frage Ilona, was denn schlimm daran sei, „dicht dran“ oder „konkret“ zu sein. „Ich will kein Ritual imitieren und abbilden. Ich will ergründen, was das Ritual bedeutet, was es an Bildern hervorruft, die auf einer anderen Ebene weiterwirken.“ Svetlana Fourer flüstert kurz darauf ergänzend: „Der Tänzer ist ein Vermittler zwischen Maske und Publikum. Er transportiert, was er empfindet.“

Wir sind in Kamerun, im Reich von King Njoya aus dem Grasland. Clara Himmelheber erzählt, wie diese Kultur den Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner („Die Brücke“) inspiriert hat. „King Njoya war ein Erfinder“, erzählt Clara Himmelheber. „Das war während der deutschen Kolonialzeit, und er hat für seinen Hof eine eigene Sprache und Schrift erdacht. Er hatte außerdem die Idee, für die Europäer Pfeifenköpfe als Souvenirs herstellen zu lassen.“ Svetlana Fourer ist begeistert: „Ich habe meinen Thron gefunden“, sagt sie, und weist auf einen hölzernen Thron, reich verziert, der ebenfalls aus dem Kameruner Grasland stammt.

Schade, denn ganz schnell ist die Zeit um. Es waren intensive 60 Minuten hier unten im alten Museum, und Clara Himmelheber wirkt zufrieden: Sie hat uns viele ihrer Schätze gezeigt, und wir sind tatsächlich einmal durch das ganze Depot gewandert – nun, fast, denn die letzte Reihe im Depot müssen wir dann doch auslassen. „Aber“, sagt Clara Himmelheber ohne Bedauern, denn hier endet ihr Fachgebiet: „Da hinten ist sowieso Ozeanien.“

Die Performance „TanzKulturen der Welt – East meets West“ findet am Freitag und Samstag, 30. und 31. März, im neuen Rautenstrauch-Joest-Museum am Neumarkt statt.
www.museenkoeln.de/rautenstrauch-joest-museum/
www.sf-ensemble.de/

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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