Schießerei im Supermarkt!
Montag, 4. Juni 2018 | Text: Reinhard Lüke
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Bei meinen gelegentlichen Fahrten über Land staune ich bisweilen über Textilgeschäfte, die sich trotz harter Konkurrenz durch Modeketten oder Online-Versandhäuser seit Jahrzehnten halten können. Eines davon steht im sauerländischen Meschede, direkt an der zentralen Kreuzung. „Heide. Das Modehaus“ steht in etwas altertümlicher Typographie an der Fassade. Nun ist es durchaus nicht so, dass der 30 000-Seelen-Ort unweit des Hennesees gänzlich von der Außenwelt abgeschnitten wäre und es sonst keine Möglichkeit gäbe, kleidsame Textilien zu erwerben. Meschede hat neben einem Bahnhof und einer Fachhochschule sogar eine Fußgängerzone, in der sich auch einige Filialen gängiger Textilketten wie Pimkie oder sowas finden. Sogar mit einer mehrstöckigen C&A-Niederlassung kann der Hot Spot des westfälischen Hochgebirges aufwarten.
Tragbares in der Nische
Und vermutlich seit Generationen stoisch mittendrin: Heide, das Modehaus. Auf der Homepage des Ladens – ja, sowas haben die auch – heißt es: „Unsere Damenabteilung bietet ein umfangreiches Sortiment, wenn es um Mode geht, die das Prädikat tragbar verdient.“ Dass die gemeine Sauerländerin, vom Schützenfest vielleicht mal abgesehen, jetzt nicht so auf Haute Couture steht, hatte ich mir schon gedacht. Aber trotzdem: Prickelnde Werbung klingt anders. Bleibt die Frage, was bei Heide die Kassen klingeln, bzw. piepen lässt. Ist der Betreiber womöglich zugleich Eigentümer der Immobilie und lässt die eigenen Kinder unbezahlt Lagerarbeiten verrichten? Mag sein. Aber seit meiner letzten Vorbeifahrt kenne ich die Nische, in der das Modehaus Heide glänzende Umsätze macht. An der Fassade hing ein neues Plakat mit dem Aufdruck: „Wir führen Männermode bis 8 XL!“. Ich bin ja nun auch kein dünner Hering, aber 8 XL ist schon mal `ne Hausnummer. Aber warum nur Männermode in Übergrößen? Wo kleiden sich denn die Landfrauen ein. Oder ist die Meschederin im Schnitt eher eine gertenschlanke Erscheinung? Hab´ ich beim Durchfahren jetzt nicht so wahrgenommen. Werde da demnächst mal aussteigen und mir ein Bild machen.
Zigaretten schießen
Stand ich letztens im Linksrheinischen an der Kasse eines Supermarktes und wollte ein Packerl Tabak erwerben, der ja inzwischen gern hinter transparenten Rolläden feilgeboten wird, um Langfingern ihren Job zu erschweren. Rechts von mir die Kasse, links das Behältnis mit den Tabakwaren. Auf meine Bitte, es doch bitte zu öffnen, drückte meine Kassiererin nicht etwa einen Knopf an ihrem Arbeitsplatz, sondern sie musste sich schwerfällig erheben, um meinem Begehr von der (unbesetzten) Nachbarkasse aus nachzukommen. Was mir ein wenig peinlich war, aber ich habe den Laden schließlich nicht gebaut. Alsdann ging die Dame an ihren angestammten Platz zurück und zog meine sonstigen Einkäufe über den Scanner. Die Tabak-Vitrine noch immer offen.
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Meine Südstadtpartner
Ralph Ley – SteuerberaterAls ein offenbar pausierender Kollege von ihr vorbeikam, bat sie ihn: „Ömer, kannst du mal eben meine Zigaretten hochschießen?“. Der freundliche Ömer kam der Bitte nach und schoss die Zigaretten hoch. Hochschießen! Selbst jeder Nichtraucher kennt diese Rollläden, die sich in solidem Zeitlupentempo bewegen, für das selbst „hochfahren“ noch eine Spur zu rasant wäre. War die bildlich kühne Formulierung mit dem Schießen jetzt eine individuelle Formulierung meiner Kassiererin? Offenbar nicht. Zumindest wusste Ömer ja sofort, was zu tun war. Also, womöglich ein Filial-Idiom. Hatten sich die Mitarbeiter darauf verständigt, hatte die Filialleitung das vorgegeben oder gilt die Redewendung gar bundesweit für die ganze Kette? Wie sagt die Konkurrenz dazu und wird „hochschießen“ womöglich das neue 17?
Pissen gehen
Die Ziffer hält sich ja erstaunlicherweise immer noch. Habe neulich erst in einem Kaufhaus gehört, wie eine Verkäuferin ihrer Kollegin mitteilte, sie sei „mal eben auf 17“. Kurz vor Ostern Jahren hab´ ich es auch unter Sparkassen-Angestellten auf der Severinstraße vernommen. Macht ja eigentlich überhaupt keinen Sinn mehr, da doch inzwischen jeder Kunde wissen dürfte, dass die Redewendung einen schnöden Gang auf die Toilette meint. Eingeführt wurde dieser Code angeblich in den 1950er Jahren in Kaufhäusern, deren Betreiber es für unschicklich hielten, wenn ihre Angestellten vor Kundschaft kundtaten, sie gingen jetzt mal Wasserlassen. Körperliche Ausscheiden und elegante Damenoberbekleidung – da könnte doch manche Kundin vom bereits avisierten Kauf wieder Abstand nehmen. Also geht man auch heute noch auf 17. Warum nicht auf 7 oder 31 ist hingegen nach wie vor umstritten. Einer Theorie nach wurde die Redewendung zuerst in einem Kaufhaus etabliert, das 16 Abteilungen hatte, andere wollen eine gewisse Ähnlichkeit der Zahl mit der Seitenansicht einer Kloschüssel erkennen. Ich persönlich tendiere eher zur ersten Version, weiß es aber natürlich auch nicht genau. Egal. Jedenfalls gibt es auch Berufsstände, die mit derlei schamigen Feinheiten noch nie was am Hut hatten. Auf dem Bau geht man vermutlich nach wie vor „mal eben pissen“. Oder gehen die Jungs inzwischen womöglich Dixi?
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