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Südstadt

Solidarität op Kölsch

Mittwoch, 20. Juli 2011 | Text: Antje Kosubek | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Großstädte sind anonym und unpersönlich – ein uraltes Klischee. Doch die Südstadt lässt sich nicht in diese Schublade zwängen. Man kennt und grüsst sich. Man erlebt, dass „echte Fründe“ nicht nur ein Karnevalshit der Höhner sind. Von dieser Wahrheit erzählt eine Geschichte vom „Kartöffelchen“ auf der Darmstädter Straße…

 

Koch Arno Lichtenscheidt ist ein echter Karnevalsjeck, der aus dem Bergischen Land – der Liebe wegen – nach Köln gezogen und 2008 das Restaurant „Kartöffelchen“ in der Südstadt eröffnet hatte. Seine Geschichte ist eine Geschichte vom Miteinander,  Gemeinschaftssinn und Hilfsbereitschaft – oder eben „Solidarität op Kölsch“.

Wir treffen uns in seinem Laden, genießen die Mittagssonne, die durchs offene Fenster scheint und trinken Milchkaffee. Arno Lichtenscheidt ist ein grosser schlanker Mann, der auf den ersten Blick müde und abgeschlagen wirkt. Als er im August 2009 an Leukämie erkrankte, gab es sein auf Kartoffelgerichte spezialisiertes, Restaurant mitten in der Darmstädter Strasse, gerade mal ein Jahr.

Seine Freundin Britta Müller arbeitete zu dieser Zeit schon ab und an abends im Restaurant, um mehr Zeit mit ihm verbringen zu können. Die aufgeweckte Frau mit den dunklen Locken sitzt sonst den ganzen Tag am Botanischen Institut der Uni Köln vorm Mikroskop. Ihre blaue Augen strahlen so klar, als könnte sie kaum etwas erschüttern. Und doch fällt es ihr zu Beginn nicht leicht, über die Zeit zu sprechen, als ihr Freund schwer krank wurde.

 

Als die Krankheit begann, musste das Restaurant erst einmal 14 Tage geschlossen werden. Mit den Gästen war man damals offen mit dem Thema umgegangen. Während Restaurantbesitzer Arno Lichtenscheidt im Krankenhaus lag, wuchsen Freundin Britta Müller in dieser schweren Zeit schier übermenschliche Kräfte. Tagsüber erforschte Britta Müller Pflanzen an der Uni, ging nach der Arbeit ins Krankenhaus, besuchte ihren Freund und organisierte abends den Restaurantbetrieb im „Kartöffelchen“. Zwischendurch erledigte sie Einkäufe, Tischwäsche  und am Wochenende die Buchführung.

 

Selbst als kurze Zeit später der Beikoch im „Kartöffelchen“ nicht mehr mitspielte, sich die Rechnungen häuften und Freund Arno Lichtenscheidt noch im Krankenhaus war, dachte Britta Müller nicht daran, aufzugeben. Freunde gaben finanzielle Unterstützung, der Vermieter zeigte sich kooperativ mit den Mietzahlungen, und viele halfen einfach mit und packten an, wo gerade der Schuh drückte.

Fast jeden Abend schrieb sie E-Mails an einen Verteiler von Freunden und Helfern mit einer To-Do Liste und bis zum Abend war vieles schon ohne großen Kommentar erledigt. Jeder der Freunde hatte sich Gedanken gemacht, wie man helfen und das Lokal über Wasser halten konnte. Gäste fragten immer wieder nach, wie es dem Besitzer Arno Lichtenscheidt geht. Britta Müller war auch über einfache Gesten dankbar: „Wenn ich abends hinter der Theke viel zu tun hatte oder einfach zu wenig Personal da war, haben sich die Gäste auch mal selbst das Kölsch gezapft oder ihr Geschirr in die Küche gebracht“.

Kabarettist Jürgen Becker gab einen Kabarettabend im Restaurant und verzichtete auf die  Gage. Die Idee der Kleinkunstabende kam so gut an, dass ein Festkomitee weitere Benefizabende wie das Jazzkonzert mit „Paul Shigihara und Nicolas Simion“ oder auch die „Impro-Garage“, organisierte. Irgendwie hält man hier zusammen: die Bühne wurde durch Mitarbeiter von „Motorrad-Lust“ am Bonner Wall zur Verfügung gestellt.

Aber auch aus dem unmittelbaren Umfeld gab es immer wieder Hilfe und Solidarität: Geschäftsnachbar und Südstadtschuster Frank Cordes schloss tagsüber den Lieferanten auf und Franz Kirchen vom Backes kam vorbei, schaute nach dem Rechten und bot immer wieder seine Hilfe an.

Ein Koch aus Remscheid, der eigentlich gerade nach Süddeutschland ziehen wollte, las in einem Zeitungsartikel von den Aktionen im „Kartöffelchen“. Er kam nach Köln, sprang sofort ein, kochte an sieben Tagen in der Woche, kaufte ein, dachte sich eigens eine Wochenkarte aus und blieb, bis Arno Lichtenscheidt wieder fit wurde. Er führte das Restaurant wie sein eigenes Geschäft – für Britta Müller in dieser Situation eine sehr große Entlastung.

Nachdem kurze Zeit später Gerd Krebber in seiner „Kneipenzeit“ im WDR-Fernsehen das „Kartöffelchen“ empfohlen hatte, lief es für das Restaurant richtig gut. Und auch gesundheitlich ging es aufwärts: Arno Lichtenscheidt fand im Januar 2010 einen Spender und konnte eine Stammzelltherapie beginnen, die mittlerweile beendet ist. Seit Mai diesen Jahres arbeitet er wieder vier Tage pro Woche im Restaurant und widmet sich wieder seiner Spezialität: traditionellen und saisonalen Kartoffelgerichten.

Legendär und mittlerweile kein Geheimtipp mehr sind die Karnevalspartys im „Kartöffelchen“. Dafür wird sogar jedes Jahr ein neues Motto vergeben, vergangene Session war das „Puda Rosa Ranch“ (angelehnt an den Film von Bully Herbig). Das Highlight schlechthin: der „Bonanza“ Titelsong, bei dem sich keiner mehr halten konnte und alles vor und hinter der Theke rockte.

Während wir den Restschaum vom Milchkaffee in der Tasse auslöffeln, bleiben Passanten am offenen Fenster des Ladens stehen und fragen nach dem Motto der neuen kommenden Session, die ja bereits mit der Party am 11.11. beginnt.

 

Für Britta Müller kehrt langsam der Alltag ein, sie ist unendlich dankbar für die viele Hilfe, die sie von allen Seiten empfangen hatte. Der Remscheider Koch Hartmut Schermer ist während der Zeit im „Kartöffelchen“ aufgeblüht, mittlerweile arbeitet er auf einem Biohof und kommt noch einen Tag in der Woche zum Kochen nach Köln. Schmunzelnd erklärt mir Britta Müller „Wir nennen uns auch das „Kartöffelchen-Dreigestirn: Britta, Arno und Hartmut:“

Arno Lichtenscheidt muss seine Kräfte noch etwas schonen: „Wenn ich an vier Tagen am Stück in der Küche gearbeitet habe, bin ich schon ziemlich k.o.“.
Wohnen möchte er in der Südstadt dennoch nicht: „Ich bin auf dem Land groß geworden und egal aus welchem Fenster ich gesehen habe, ich habe immer ins Grüne und in die Weite gesehen. Was mich hier hält, das sind die Menschen, der Zusammenhalt und die Kontakte die man hat.“

Informationen:
www.kartoeffelchen.de
 

Text: Antje Kosubek

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