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Kultur

Wenn der Vogelschlag Freiheit verheißt

Montag, 18. Juli 2016 | Text: Alida Pisu | Bild: ?Meyer Originals

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Man nehme „Eisenofen“, ein Märchen aus den Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm, versetze die Figuren in die heutige Zeit und erzähle mit den Mitteln des Theaters eine moderne Geschichte von zweien, die sich verlieben, verlieren und auf die mühsame Suche machen müssen. Um einander und zu sich selbst zu finden, aber auch, um die Fesseln abzustreifen, die sie gefangen halten. Heraus kommt eine unterhaltsame, witzige, aber auch tragische Story, die berührt. Weil sie zwei Menschen zeigt, die das nicht leben dürfen, was sie denken, fühlen und wollen. Die das Gegenüber brauchen, das sie ganz und gar will, damit sie sich zeigen können, wie sie sind.

Diese beiden Menschen sind die totalen Gegensätze: der Junge, den jeder nur Eisenofen nennt, ein (in sich selbst) verschlossener Typ, ungeschickt und tölpelhaft, von seiner toughen Karriere-Mutter (Rosana Cleve) mit Vorwürfen überhäuft. Nichts kann er ihr recht machen, er darf nicht spielen, als er ungeschickt eine Tasse zerbricht, gibt es ein großes Geschrei und eine Bewerbung zu schreiben, das mache ja gar keinen Sinn, bei seinem Zeugnis. Was kann da anderes bei rauskommen, als ein Junge, der sich danach sehnt, frei wie ein Vogel zu sein. Auf der anderen Seite Sonja (Caroline Kohl), die kluge und fleißige, die eigentlich keine Jugendliche mehr ist, bemuttert und versorgt sie doch ihren narzisstischen Vater (Bastian Sesjak), der ihr sogar telefonische Anweisungen gibt, was alles zu tun und zu besorgen ist. Er agiert wie ein aufgeblasenes, hilfloses Riesenbaby, nutzt  seine Tochter aber hemmungslos aus. Mutter und Vater also nicht die wärmenden, behütenden Figuren, sondern die kalten Egozentriker. Die vorgeben, das Beste für ihr Kind zu wollen. Natürlich, was sonst.

Wo lernt man sich heutzutage kennen? In der Disko zum Beispiel. Tanz und Musik, Eisenofen mit seinen Freunden. Coolen Jungs, die gerne posieren wie die Halbstarken. Sonja mit ihren Freundinnen, die sich herausgeputzt haben. Wie das halt so üblich ist. Sonja spricht Eisenofen an: „Wie heißt du?“ Er antwortet nicht, er flieht geradezu vor ihr. Und als er wieder im Haus seiner Mutter ist und ihr sagt, dass er gehen will, da sieht er sie als feuerrote Hexe vor sich stehen, die ihn in einen Eisenofen steckt, aus dem er zwar entkommen kann, innerlich aber bleibt er gefangen. Großartig und beklemmend die Hexe, gespielt von Rosana Cleve, in Szene gesetzt mit der Magie des Märchenhaften.

 

?Meyer Originals
 

Auf dem Weg zum Bahnhof, den Sonja nicht findet, begegnet sie Eisenofen wieder. Sie verspricht ihm die Heirat, wenn er ihr den Weg zeigt. Ein wenig voreilig, so stellt es sich heraus. Denn ihr Vater, der auf der Baustelle einen Trupp von Bauarbeitern kommandiert und sich gar nicht mehr als hilflos erweist, ist strikt dagegen. Was ist denn schon die Liebe, was zählt, sind Zahlen, Fakten, Paragraphen, die sind das Leben. Das Riesenbaby mutiert zum monströsen, kapitalistischen Ekel. Wer aber tatsächlich die Macht über das Leben hat, das ist noch lange nicht ausgemacht.

Immer wieder tauchen in der Inszenierung Vogelstimmen auf, ihr Zwitschern, ihr Ruf. Schön auch die Plastikfederschwingen, mit denen ein junger Mann über die Bühne tänzelt. Der Ruf der Freiheit, er ist einfach nicht totzukriegen.

Sonja schickt ihre zwei Freundinnen zu Eisenofen, doch sie sind nicht „die Richtige“ und nur die kann ihn aus seinem Eisenofen befreien. Schließlich kommt sie. Und es ist schon seltsam, dass Eisenofen damit nicht zufrieden ist. Er stellt Bedingungen. Wenn sie sich von ihrem Vater verabschiedet, darf sie nur drei Worte sprechen. Keine Frage: ihr rutschen dann doch mehr als drei Worte heraus. So radikal Eisenofen seine Forderungen stellt, so radikal muss Liebe vielleicht auch sein. Alle Ordnungen auf den Kopf stellen, alles erwarten, alles erhoffen. Und daran glauben und davon träumen, um nicht zu zerbrechen.

Tatsächlich macht Sonja sich auf die Suche nach Eisenofen. Und wenn sie dann vor einer Wand steht, auf die Straßen projiziert werden, dabei das Lied: „I want you“ zu hören ist, hat man das Gefühl, als würde sie die ganze Welt durchwandern, um ihn zu finden. Ihre Ausdauer wird belohnt, sie findet ihn wieder. In der Disko, wo sonst. Als er sie fragt: „Wer bist du?“ nennt sie ihn beim Namen und der Eisenofen hat ausgedient, darunter kommt Martin zum Vorschein. Sonja hat ihn „erkannt“, er der seinen eigenen Namen nicht aussprechen konnte, ist erlöst. Sie hat ihn, sie haben sich gefunden und so tanzen sie denn eng umschlungen zu „California Dreaming.“

Sabine Hahn, die Regie geführt hat, ist eine Inszenierung gelungen, die mit vielen, teils schlaglichtartigen Szenen aufwarten kann, voller Dichte und Intensität. Etwa, wenn die Mutter isst, ein Vogelschwarm sie überfällt und man unwillkürlich an Hitchcocks Horrorfilm „Die Vögel“ denken muss. Oder wenn Sonja gerade noch vor den Zudringlichkeiten junger Männer flüchten kann, die sie nach Eisenofen fragte. Oder auch, wenn das Ensemble verschiedene Möglichkeiten zeigt, um durch Regen zu gehen. Da ist vom „Kapuze über den Kopf und durch“ bis zum „Singing in the rain“ alles dabei. Beklemmend aber auch die Einsamkeit und Verlorenheit der Seelen, die an vielen Stellen durchschimmert.

Insgesamt ist das Stück jedoch sehr erheiternd. Dazu tragen die Mitglieder des Ensembles „Theaterkönig“ besonders bei. Das Ensemble setzt sich zusammen aus Schauspielern mit Behinderung, Schauspielschülern und Profis. Was den Schauspielern mit Behinderung an Professionalität fehlt, machen sie durch ihre Spielfreude, ihre Ungezwungenheit und Leichtigkeit, die sich durch alles zieht, mehr als wett. Irgendwann sieht der Zuschauer keine Unterschiede mehr, er genießt nur noch ein Stück um Liebesleid und Liebesglück, das mit wunderbaren Darstellern aufwartet. Das Publikum applaudiert begeistert, zu Recht.

„Eisenofen“ von Ulrich Marx
Mit: Theaterkönig, Ensemble für Schauspieler mit Behinderung / Schauspielschüler und Profis: Lara Schiefenbusch, Yayoi Mochizuki, Rasmus Adams, Michael Kiric, Jonas Relitzki, Holger Besgen?Schauspielschule der Keller: Caroline Kohl, Rosana Cleve,  Bastian Sesjak

Regie: Sabine Hahn

 Weitere Termine: 19. und 20. Juli 2016
Comedia Theater, Vondelstraße 4-8, 50677 Köln

Text: Alida Pisu

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