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Glaube

Auf ein stilles Wasser mit Pastor Quirl

Dienstag, 9. November 2010 | Text: Doro Hohengarten | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Er ist der Kopf der südstädtischen Katholiken. Johannes Quirl, der heute 56 wird, arbeitet seit 17 Jahren als Pfarrer und Seelsorger in der Südstadt. Er war in dieser Zeit Verwalter eines gewaltigen Zusammenlegungsprozesses. Nach und nach wurden ihm, der 1993 als Gemeindepfarrer in Sankt Severin anfing, die vier anderen Südstadt-Gemeinden Sankt Johann Baptist, Sankt Paul, Maria Hilf und Sankt Maternus unterstellt. Unter ihm entwickelte sich die Severinskirchengemeinde so zur zehntgrößten Pfarrei im Bistum Köln. Die Mitgliederzahlen sprechen dabei eine eigene Sprache: Lebten 1993 in der Südstadt noch 15.000 Katholiken, sind es jetzt 11.000. Dennoch käme man bei dem Mann, der beim Interview locker auf seinem Holzstuhl im Gemeindebüro sitzt und ein stilles Mineralwasser schlürft, nicht direkt auf die Idee, dass er gerade ein untergehendes Schiff manövriert. Und wenn dem so wäre, wäre er ein ziemlich gelassener Kapitän…

Herr Quirl, wie entwickelt sich derzeit die Zahl der Austritte? Kämpfen Sie weiterhin gegen den Mitgliederschwund?
Die Mitgliederzahl ist in den letzten Jahren in Sankt Severin wieder leicht angestiegen und dadurch sind wir jünger geworden. Wir haben für die Gesamtsituation erstaunlich gute Zahlen was Taufen anbelangt, und zwar nicht nur Kindertaufen. Es gibt auch immer wieder Erwachsenentaufen, Konversionen oder Neueintritte. Aber insgesamt sind wir natürlich nicht unabhängig von der Großwetterlage. Die Zahlen für dieses Jahr liegen noch nicht vor, aber sie werden nochmal drastisch sein aufgrund der Vorfälle sexuellen Missbrauchs.

Die baden Sie hier aus.
Was wir tun können, tun wir natürlich, indem wir versuchen, eine fundierte Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu leisten. Das fängt an, indem wir durch Taufgespräche ein gutes Fundament zu legen versuchen. Wir haben einmal im Monat einen Familiengottesdienst und Schulgottesdienste für die Kinder in Maternus. Wir haben zehn Krabbelgruppen an fünf Tagen der Woche im Jugendheim an Maternus, und wenn man bedenkt, dass ja heute schon Zweijährige in den Kindergarten kommen, läuft das ganz gut. Wir sind aktiv in der Kommunionsvorbereitung, machen Familienwochenenden, Pfingstfahrten und während der normalen Sonntagsmessen ein Programm für Kinder, das die Mütter und Väter für sie gestalten.

Durch die Austritte müssen Sie auch mit einem kleineren Etat auskommen. Woran haben Sie in der Südstadt zu sparen?
Es gibt 300 Ehrenamtliche, die hier arbeiten. Die drei Seelsorger, zu denen auch ich gehöre, bezahlt das Bistum, die anderen 16 Angestellten werden von der Gemeinde bezahlt – mehr Personal können wir uns nicht leisten. Wir hatten mal acht Kindergärten, aber im Rahmen der Sparmaßnahmen und weil das Land die Finanzierung der Hortgruppen eingestellt hat, sind nur noch zwei übrig geblieben. Sie konnten Gott sei Dank durch andere Träger erhalten werden – Sankt Paul auf der Rolandstraße und das Sankt Josefshaus An der Eiche.

Dann gibt es natürlich auch Synergieeffekte. Zum Beispiel die Familiengottesdienste. Die sind immer hier an Sankt Severin, die können wir nicht an fünf verschiedenen Orten abhalten. Die fünf Kirchen sind auch unterschiedlichen Nutzungen zugeführt.

 

Welche Kirche bietet welches Angebot?

Johann Baptist ist die Jugendkirche geworden – für die ganze Stadt. Sie ist finanziell und organisatorisch abgekoppelt. In Sankt Paul an der Vorgebirgstraße befinden sich zwei fremdsprachliche Gemeinden, die portugiesische und die polnische. Vor allem im polnischen Gottesdienst ist es meist gerammelt voll. Maria Hilf in der Rolandstraße nutzt eine Gruppe, die sich „Ecclesia Dei“ nennt und nach dem alten Ritus Gottesdienst feiert. Mit denen habe ich relativ wenig zu tun. Auf Sankt Maternus, unserer Schulkirche, finden neben den Schulgottesdiensten monatlich Tauf- oder Hochzeitsfeiern statt. Sie ist für solche Anlässe ein Ausweichort, wenn es wie kürzlich in den Spieltisch der Orgel in Sankt Severin reinregnet hat und wir keine Musik dort haben. Aber Sankt Severin ist und bleibt die Hauptkirche im Herzen der Südstadt.

Wie hat sich die Südstadt in den letzten Jahren sozial verändert?
Als ich kam, saß dort wo jetzt der Vringstreff sitzt, der Sanierungstreff für das Vringsveedel. Das Vringsveedel ist eines der letzten gewesen, die nach dem Krieg saniert wurden. Ich würde mal sagen, die Südstadt ist seither bunter und internationaler geworden. Und familienärmer – dadurch, dass der Wohnraum konkret auch durch die Bebauung des Rheinauhafens erheblich teurer geworden ist. Viele Wohnungen, Dachwohnungen werden hochsaniert. Einfache Leute, Familien, die das zweite oder dritte Kind bekommen, finden nichts Bezahlbares mehr.

Es gibt zum Beispiel eine ganze Gruppe von indischen Familien katholischen Glaubens, bei denen die Eltern teilweise hier im Krankenhaus arbeiten, die so rund um den Kirchturm von Sankt Johann Baptist beheimatet waren. Jetzt gibt es in Rondorf eine ganze Straßenzeile, die fast nur Inder gebaut haben. Sie wohnen dort nebeneinander, nicht mehr hier, denn hier konnten sie das nicht finanzieren. Das ist natürlich ein Verlust für die Gemeinde.

Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass es in der Südstadt Armut gibt?
Wir kriegen mit, dass die gesellschaftliche Kluft immer mehr auseinander geht. Auf der einen Seite stehen immer mehr Leute, die gar nicht mehr wissen wohin mit dem Geld. Zwei Wohnungen für zwei Singles, die mal zusammen wohnen und mal nicht. Da spielt Geld gar keine Rolle wenn sie z.B. in den entsprechenden Medienberufen arbeiten. Und auf der anderen Seite die Hartz IV-Empfänger oder StGB2-Leute, mit denen wir im Vringstreff oder auch beim Familienwochenende zu tun haben. Da gibt es immer wieder Leute, die die 60 Euro Teilnahmegebühr nicht bezahlen können. Natürlich versuchen wir, das dann irgendwie zu lösen. Aber es gibt einen hohen Anteil an verschämter Armut. Gerade ’nem Pastor gegenüber ist das vielen ein zu großer Schritt zuzugeben, dass sie arm sind.

Das weiß niemand besser als unsere Leute vom Caritaskreis, die alte Menschen in der Gemeinde zum Geburtstag besuchen. Man vermutet es nicht, aber es gibt hier in der Gegend ältere Leute, vor allem Frauen, die von einer kargen, bitteren Rente leben müssen, von der Hand in den Mund. Ihre Hauptspeise sind Kartoffeln. Von ihrem inneren Stolz her bringen Sie es nicht übers Herz, zum Sozialamt zu gehen, und sie haben auch nicht gelernt, ihre Rechte einzufordern. Auch im Kindergarten, im Josefshaus als Zentrale unseres Familienzentrums, könnte Ihnen die Leiterin viel erzählen über die neue Armut der Familien.

Wie sieht die aus?
Zum Beispiel so, dass der Vater bei irgendeiner Leiharbeiterfirma angestellt ist, die sowieso einen Teil des Geldes, das der Mann erarbeitet, für sich einsackt, und er ist nichts als Verschiebemasse. Mal gibt’s einen Job, mal gibt’s keinen. Das ist völlig unvorhersehbar, unplanbar. Und wenn dann zwei, drei Kinder da sind, und selbst wenn die Mutter sich noch über Putzstellen etwas dazuverdient, ist das Familieneinkommen sehr karg. Die Arbeitsstelle ist ein sehr großes Thema. Patchworkfamilien sind ein großes Thema. Alleinerziehende. Diejenigen, die wenig  Qualifikationen haben oder das Pech, dass ihre Firma zugemacht hat.

 

 

Teil 2 des Interviews mit Pastor Johannes Quirl erscheint in der kommenden Woche.

 

Homepage der Gemeinde St. Severin

Text: Doro Hohengarten

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