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Kultur

Ein Sommerspaziergang: Auf den Spuren Irmgard Keuns durch die Südstadt

Freitag, 8. Juni 2018 | Text: Evelyn Maria Denda | Bild: Tim Hildebrandt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Immer wieder interessant, auch oder besonders auch für Kölner*Innen, sind Stadtführungen durch Köln. Quod erat demonstrandum mit der szenischen Führung durch die ‚Kunstseidene Südstadt‘. Für diese Tour ist Schauspielerin Sonja Kargel in die Rolle der Kölner Schriftstellerin Irmgard Keun geschlüpft und führt uns „in Figur“, wie sie ihr kostümiertes Auftreten nennt, an Orte, die in Keuns Leben eine besondere Rolle gespielt haben. Bei diesem „Trottoir-Theater“, so Kargel über ihre Mischung aus Stadtführung und Schauspielerei auf dem Bürgersteig, gibt es neben Anekdoten aus Keuns Leben Leseproben aus ihren Werken und Briefen. Wichtig sind Kargel in dem Zusammenhang auch Plätze, die beispielhaft für den Kölner Widerstand gegen den Nationalsozialismus stehen. Seit zehn Jahren kooperiert Kargel mit dem Kölner Frauengeschichtsverein, der den Blick besonders auf die Geschichte und das Wirken von Kölner Frauen lenkt. Gäste sind bei der Tour, an der Fotograf Tim und ich teilnehmen, auch Irmgard Keuns Tochter und deren Ehemann.

Irmgard Keun Führung

Sonja Kargel mit der Tochter Irmgard Keuns, Martina, und deren Mann auf dem Chlodwigplatz.

Unbestechlich, direkt, emanzipiert – Irmgard Keun

An der ersten Station, in der Elsaßstraße 43, erfahren wir, dass sich die 1905 in Berlin Charlottenburg geborene Irmgard Keun nach ihrem Umzug im Alter von acht Jahren nach Köln „allmählich in die Stadt verliebte“ und ihr bis zu ihrem Tod, 1982 im Haus Baden an der Trajanstraße, treu blieb. Hier bekam sie oft Besuch von ihrer Tochter und dem Schwiegersohn, der ihr im Kiosk op d’r Eck, den es bis heute gibt, stets Zigaretten holte. Köln ist spätestens seit 2003, als „Das Kunstseidene Mädchen“, Keuns bekanntestes Werk, das „Buch für die Stadt“ wird, für viele untrennbar mit Irmgard Keun verbunden. Davon zeugt auch die Keun-Figur am Rathausturm. Keun überzeuge bis heute „durch ihre Unbestechlichkeit, durch ihre Beobachtungen von Umfeld und Mitmenschen, die sie in ihren Werken verarbeitet und durch ihre brillanten Formulierungen, die immer einen Blick hinter die äußere Fassade eröffnen“, findet Sonja Kargel.

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Auch bezeichne man Keun oftmals als eine der Schriftstellerinnen der Emanzipation – allerdings habe sie sich nie von der Frauenbewegung für deren Zwecke vereinnahmen lassen. Ihre Werke äußern durchweg auch Momente des Widerstandes gegen die Nationalsozialisten und schauen kritisch auf den Umgang der deutschen Nachkriegsgesellschaft mit Nazizeit und Krieg. Da Kargel in ihren Führungen „nicht chronologisch wie in der Volkshochschule vorgeht“, lernen wir auch Gilgi, Protagonistin aus Keuns Debütroman Gilgi, eine von uns, kennen. Außerdem Das Mädchen, mit dem die Kinder nicht verkehren durften – einem „Lausemädchen mit dem Herz auf dem rechten Fleck, das an Pippi Langstrumpf erinnert, der Figur, die Astrid Lindgren gewissermaßen als Gegenpol zu der Ideologie Hitlers angelegt hat“. Der Ort, Elsaßstraße 43, ist für die Lesung solcher Stellen absolut passend, hängt doch hier eine Gedenktafel, die an den offenen Widerstand der Bewohner der Straße gegen die SA am 03. März 1933 erinnert.

Irmgard Keun Führung

Auf einer Gedenktafel wird an den Widerstand gegen die Nazis erinnert.

Wie wird man ein „Glanz“ am Theater?

Wir schnuppern während der Lesung mit dem „kunstseidenen Mädchen“ Doris Theaterluft – stets dabei ihr Markenzeichen, ein Feh-Mantel namens Paulchen. Plötzlich sind wir mittendrin im Geschehen und müssen Doris, die auf der Flucht ist, vor der Polizei warnen. Kargel gelingt es so immer wieder, dass wir in ihrer Performance mitwirken.

Das Mahnmal für die ‚verbrannten Dichter‘

Besonders beeindruckend ist das Mahnmal für die „verbrannten Dichter“ vor der heutigen TH, deren Namen in die Steine auf dem Vorplatz eingemeißelt worden sind. Auch den Namen von Irmgard Keun finden wir hier. Kargel berichtet von Keuns Leben im Exil in Oostende, wo sie „Nach Mitternacht“ verfasste, das die Zeit des Nationalsozialismus in zahlreichen Alltagsbeobachtungen mit enthüllendem Blick beschreibt. Bis 1936 blieb Keun zuvor in Deutschland und stand mit „lauter Stimme“ zu ihren Meinungen. Sie verklagte die Nazis 1935 auf Verdienstausfall; auf diese geradlinige, unerschütterliche Haltung war sie bis zuletzt stolz. In Ostende begegnete sie dann Joseph Roth, der auch nach seinem Tod in einem Armenhospital ihre große Liebe blieb.

Irmgard Keun Führung

Vor der TH trägt ein Gedenkstein Irmgard Keuns Namen als „verbrannte Dicherterin“.

Ein letztes Comeback

Ein positives Lebensereignis ist die Geburt von Keuns Tochter Martina, die heute mit ihrem Mann in Mainz lebt. Als Alleinerziehende mit schwierigen Bedingungen konfrontiert, konnte Keun zunächst nicht an alte Erfolge anknüpfen. Ein letztes Comeback gelingt ihr, als man sie im Zuge eines Artikels über die „verbrannten Dichter“ wiederentdeckt und sie noch einmal – für ihre letzten drei Lebensjahre – zu ihrer alten Berühmtheit zurückfindet. Am 05. Mai 1982 stirbt Keun im Haus Baden.

„Sie lässt mich nicht los, die Irmgard, oder umgekehrt“

Kargels Führung trägt seit 2008 dazu bei, dass Keun nicht in Vergessenheit gerät. Die Idee dazu kam ihr bei einer Führung mit Verwandten. Eine Freundin schlug ihr dann die Stadtführung „in Figur“ vor. Als Teenie hatte sie schon „Das Kunstseidende Mädchen“ gelesen, wobei ihr „die Ebene des Textes, die unter den naiven Erzählungen des Mädchens im Plauderton liegt, erst später bewusst wurde“, erzählt sie. Ihre Führungen variieren von Mal zu Mal, weil sich immer wieder neue Aspekte finden lassen. „Besonders schön sind sie natürlich, wenn Irmgards Tochter Martina dabei ist“, so Kargel. Sie möchte Irmgard Keun „gegen das Bild der geldgierigen Säuferin, das man gelegentlich von ihr verbreitet,“ verteidigen. „Und die Leute kritisierten ihre Texte, weil sie nicht ihren eigenen möglichen Anteil am Nationalsozialismus hinterfragen wollen.“

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Die Aktualität der Themen, über die Keun geschrieben habe, sei bis heute da: „Die Präsenz von AFD, Pegida und Nazis zeigt, dass solches Gedankengut nie weg war und man auch heute aufmerksam sein muss, dass Toleranz und Mitmenschlichkeit oberste Priorität im Zusammenleben behalten“, weiß Kargel, die darin auch die Botschaft für ihr Zielpublikum sieht. Dieses ist meistens um die 50+. „Aber wenn junge Menschen kommen, sind die auch stets begeistert. Ich wünsche mir natürlich, dass noch mehr junge Leute kommen. Die werden die Bücher, die sie in der Schule oder der Uni lesen, dann auch ganz anders erleben“, verspricht sie. Neugierig geworden? – Informationen zu den Führungen, Lesungen und sonstigen Events von und mit Sonja Kargel gibt es auf ihrer Homepage und bei den Veranstaltungen des Frauengeschichtsvereins

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