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Bildung & Erziehung Gesellschaft

„Ich freue mich, Sie kennen zu lernen!“

Montag, 14. März 2011 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Ungefähr 20 junge Männer sitzen in einem Klassenraum der Berufsschule Ulrepforte. Es ist nicht irgendeine Klasse und es ist nicht irgendein Tag für sie. Diese jungen Männer sind nämlich Schüler einer der internationalen Förderklassen in Köln (IFK). Es gibt 6 internationale Förderklassen in Köln. Diese Klassen wurden eingerichtet für Jugendliche, die erst neu in Deutschland sind, sich beruflich und auch gesellschaftlich noch nicht so gut hier auskennen und noch nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen. Sie sind zwischen 16 und 24 Jahre alt und geflohen aus Bürgerkriegs- und Krisengebieten unserer Erde. Sie sind Asylbewerber, oftmals allein eingereiste Jugendliche oder ohne geklärten Aufenthaltsstatus und stammen beispielsweise aus Afghanistan, dem Iran, dem Irak, China, Polen, Ecuador oder aus afrikanischen Ländern.

An diesem Morgen sitzen die Schüler der internationalen Förderklasse (IFK) der Nikolaus-August-Otto-Schule in Deutz und der Berufsschule Ulrepforte gespannt zusammen in dem Klassenraum. Sie werden ein Theaterstück des Ensembles Forumtheater Inszene sehen. „Was tun?“ heißt das Stück und thematisiert den steinigen Weg der Jugendlichen zu einem Praktikums- oder Ausbildungsplatz. Was die Jugendlichen nicht wissen, ist, dass es sich um interaktives Theater handelt und sie teilweise auch in das Stück eingreifen sollen. Sie sollen Regie oder Rollen übernehmen!

 

Die Schauspieler Tomek Wasik, Melanie Kleinsorg und Monika Noltensmeier spielen verschiedene Situationen, in denen die Jugendlichen sich wieder finden können. Ibo zum Beispiel ist von der Schule geflogen und soll von den anwesenden Schülern motiviert werden, wieder zur Schule zu gehen. Seine Mutter ist eben eine typische Mutter, die nicht sehr gut Deutsch spricht und sehr witzig und überzogen von Melanie Kleinsorg gespielt wird. Dies führt zu jeder Menge Lachern, die Jugendlichen können sich in Ibo einfühlen und geben gute Tipps. Die Schauspieler stellen Jugendliche auf der Suche nach einem Praktikumsplatz oder in der Situation eines Vorstellungsgespräches dar. Die Schauspieler machen Vieles bewusst falsch und die Schüler springen ein, geben Tipps und korrigieren das Auftreten. Die Atmosphäre im Klassenraum ist locker und die Jugendlichen sind offen und motiviert beim Helfen.
Tomek Wasik: „Die Schüler kommen nach vorne und helfen Ibo. Sie reflektieren sich selber dabei und kriegen ein größeres Bewusstsein, dass Schule wichtig ist. Ibo bewirbt sich um einen Praktikumsplatz und wird zum Gespräch eingeladen. Er macht natürlich alles falsch. Er kommt mit Kopfhörer rein, hat ein Kaugummi, das er kaut. Dann klingelt das Handy während des Bewerbungsgesprächs. Er sitzt breitbeinig da, hat Klamotten an, die nicht gehen. Die Schüler kommen praktisch als unsichtbarer Schatten mit und sagen dann, hey, nimm doch mal ein Hemd; gerade Sitzhaltung, erster Eindruck ist immer wichtig, nicht zu spät kommen. So kommen die Verbesserungsvorschläge von den Schülern selbst.“

Nach dem ersten Tag und der Einführung in die Thematik mit Hilfe des interaktiven Theaters, werden die Jugendlichen in kleine Gruppen aufgeteilt und verbringen zwei intensive Workshop-Tage mit den Schauspielern und der Regisseurin Friderike Wilkens-von Hein. Die Regisseurin hat schon viel Erfahrung als Theaterpädagogin speziell zum Thema Berufsvorbereitung gesammelt. Das Projekt „Was tun?“ mit anschließendem Workshop gibt es erst seit Oktober letzten Jahres.
Wilkens-von Hein: „Wir können in 4 oder 5 Gruppen parallel arbeiten. Die Schüler sind alle betreut durch einen Schauspieler oder eine Schauspielerin, die sie schon kennen. Die Schüler der Internationalen Förderklasse haben viele, viele Probleme, die es nicht leicht machen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Daher brauchen sie noch mehr Ermutigung, noch mehr Bestärkung, ihren Weg gehen zu können. Die Schüler sollen merken, sie haben was und sie sind jemand. Sie sind es absolut Wert, hier ihren Platz in der Gesellschaft zu finden und zwar genau so wie sind und mit dem, was sie wollen. Wir arbeiten viel daran, dass die Schüler klären, wo sie hin wollen. Sie dürfen ihr Traumziel formulieren und dann gucken wir, was liegt da auf dem Weg dahin. Sie sollen an sich glauben und sich so zeigen können wie sie sind. Wenn wir Vorstellungsgespräche üben, dann achten wir auch auf Authentizität und nicht auf Pauschalsätze, die die auswendig lernen sollen. Das kommt letztendlich auch nicht an. Wir haben durch das Theaterspielen die Möglichkeit ihnen zu zeigen, wie was wirkt und wie was anguckt. Die Schüler als Publikum können dann sagen, ne, das war unhöflich, das war respektlos, das kannst du so nicht machen. Das heißt die erziehen sich dann letztendlich selbst und merken selbst wie ihr Verhalten ankommt. Und dann können sie sich überlegen, ob sie das beim nächsten Mal genauso machen wollen oder ob sie da mehr drauf achten wollen.“

Die Schulsozialarbeiterin der Berufsschule Ulrepforte Meike Helm betreut unter anderem die Internationale Förderklasse und das interaktive Theaterprojekt. Über ihre Schützlinge sagt sie: „So viele Jugendliche aus so vielen verschiedenen Ländern, aus unterschiedlichen Kulturen, mit so vielen Sprachen, kommen so gut miteinander aus. Es freut mich zu sehen, wie ehrgeizig sie sind so ein Bildungsangebot anzunehmen. Wie dankbar sie sind, dass sie das machen können. Sie haben Ziele, trotz dieser Umstände in denen sie leben, und sie beißen sich da durch und schaffen es trotzdem. Das begeistert mich immer wieder!“

Philip ist 19 Jahre alt und stammt aus dem Irak. Seit 2 Jahren lebt er ohne seine Familie in Köln. Seine Eltern und seine Geschwister flüchteten nach Jordanien und schickten Philip nach Deutschland vor. Über das Telefon können sie Kontakt halten. Nachdem er einen Integrationssprachkurs absolviert hat und die B1-Prüfung bestanden hat, ist er in der Internationalen Förderklasse. Er lebt alleine und schmeißt neben der Schule auch noch den Haushalt! Zum ersten Mal hat er interaktives Theater erlebt und es hat ihm sehr gut gefallen: „Man traut sich, etwas zu zeigen. Es hilft einem, sicherer zu werden.“
Der 18-jährige Hidayat aus Afghanistan lebt bei einer deutschen Familie. Seinen Vater und seinen älteren Bruder hat er im Krieg verloren. Er vermutet, dass seine Mutter mit den anderen 3 Geschwistern in Pakistan lebt. Er hat gar keinen Kontakt zu seiner Familie und lebt seit 2 Jahren alleine in Deutschland. Theater und Workshop haben ihm sehr geholfen: „Viele Sachen habe ich nicht gewusst. Ich habe viel gelernt. Man kann einen Praktikumsplatz oder einen Ausbildungsplatz finden, wenn man eine gute Bewerbung schreibt. Ich wusste das alles nicht.“

Philip und Hidayat zählen zu den Jungs in der Klasse, die sehr gut Deutsch sprechen inzwischen. In vielen Fällen fühlt sich der Schauspieler Tomek Wasik auch als Deutschlehrer. Viele Begriffe, Verben oder Adjektive muss er erklären, was Gestik ist, was Mimik: „Formulierungen sind auch nicht so einfach! Unser Satz des Tages gestern war ‚Ich freue mich, Sie kennen zu lernen!’. Ich habe es vor gesagt, dann haben sie es nach gesagt. Und sie haben wirklich die unterschiedlichsten Variationen daraus gemacht! Zum Schluss haben wir den Satz gesungen! Jetzt sitzt der Satz, glaube ich!“

Info für Ausbilder:
Insbesondere die Schüler der Internationalen Förderklassen benötigen unsere Hilfe bei der Suche nach einem Praktikums- bzw. Ausbildungsplatz. Wenn Sie von möglichen Stellen wissen, es können Stellen jeglicher Art sein, dann geben Sie diese

Informationen bitte weiter an: Meike Helm. meike.helm@schulen-koeln.de

 

Text: Aslı Güleryüz

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