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Kultur

„Sturm“

Dienstag, 10. Juli 2012 | Text: Gastbeitrag | Bild: Meyer Originals

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

„Es geht um das Unterbewusstsein, um unser Menschenbild und das gefangene Tier, das in jedem von uns sitzt und weint.“ (Sabine Hahn)
„Theaterkönig“ – das Ensemble für Menschen mit Behinderung – hat sich für dieses Projekt mit jungen Schauspielabsolventen zusammengeschlossen. Unter der Leitung von Schauspielerin und Dozentin Sabine Hahn agieren in den Kursräumen der COMEDIA vier behinderte Schauspieler und vier Schüler (Kellerkinder) der Schauspielschule des Theaters DER KELLER. Gemeinsam nennen sie sich:  „Sommerkönig“.

Zum Inhalt von „Sturm“: Die Behinderten leben zurückgelassen in einem riesigen, leergefegten und völlig heruntergekommenen Palasthotel. Drumherum in einer Salzwüste haben sich die vier anderen, nicht Behinderten verirrt und stranden, ähnlich wie in der „Rocky Horror Picture Show“, auf einmal in diesem Hotel. Und dann stehen sie voreinander. Und diese beiden, einander völlig fremden Gruppen, starren einander an.

„Ich möchte mit meinem Behinderten-Ensemble kein Theater machen, das sich inhaltlich auf Kinderniveau befindet“, so der Anspruch der Regisseurin. „Natürlich verstehen sie vieles auch nicht, aber die Behinderten empfinden und wissen mehr, als sie vielleicht benennen können. Und das interessiert mich. Sie zeigen ihre Sehnsüchte, Gelüste, Ängste und Aggressionen. Man sieht es uneingeschränkt. Und das nehme ich ernst. Für mich sind es an diesem Punkt, erwachsene Menschen. Und deswegen“, so erläutert sie, „betrachte ich das nicht als ein Sozialprojekt. Mir geht es um das Theater-Machen, ums Theaterspielen, um den Menschen und dieser ganzen Sache eine Form zu geben. Es geht mir um die Kunst. Um das Menschsein.“

Eine besondere Herausforderung heute – für die Regisseurin ebenso wie für ihr Ensemble – ist eine Szene um einen Tisch herum, die sich auf zwei Ebenen abspielt. Es finden zwei Handlungsstränge auf der Bühne zum selben Zeitpunkt statt. Es spielen, so wie ich es heute in der Probe verstanden habe, eingeteilt in 3 Paare,  jeweils ein behinderter Schauspieler und ein „Kellerkind“ miteinander. Dabei wurde ein „Kellerkind“ wegen Krankheit vertreten. Nicht einfach für Uli, ein behinderter Schauspieler in der Rolle des Prospero, der sich mehr durch seine starke Präsenz auszeichnet als durch die Sprache, den Überblick zu behalten. Wobei ich das bei dieser Szene erstmal auch gehabt hätte. Wie ist das mit der Sprache? Wieviel Prozent davon werde ich im Zuschauerraum empfangen können? Es ist ein Stück mit Behinderten. Wo man als Zuschauer Abstriche machen muss?

Die integrative Arbeit von Sabine Hahn offenbart sich über die Bildsprache und den daraus für den behinderten oder nicht behinderten Zuschauer resultierenden Assoziationen. Auch lässt Sabine Hahn einen für das Stück unentbehrlichen oder wesentlichen Satz das ein oder andere Mal von einem nicht behinderten Schauspieler, quasi aktiv zuhörend, wiederholen. Sorgen mache ich mir, nachdem ich anderthalb Stunden den noch rudimentären Anfängen der Tischszene zugeschaut habe, diesbezüglich gar keine. Ich habe viele spannende Momente erlebt und als Zuschauer emotional erahnt und gespürt, was jeder  Schauspieler emotional erahnen und spüren muss, um das zu transportieren, worauf es ankommt: Die Gefühle und wie man mit ihnen klarkommt.

 

Da ist zum Beispiel Yayoi, eine junge behinderte Schauspielerin in der Rolle der Prinzessin Jaja, die sich privat rührend über die ihr von der Regie zugewiesene Eigenschaft freut, dass sie als Prinzessin eine eigene Bühne besaß und die beste Tänzerin war – und sich aber ebenso klar ihrer Traurigkeit hingibt, als sie erfährt, dass ihr Angebeteter eine andere liebt. Die Reaktion ist menschlich, unmittelbar und echt. Die Freude und die tänzerischen Bewegungen, mit denen Yayoi, als Prinzessin in der anschließend gearbeiteten Szene ihrer Sehnsucht Ausdruck verleiht, werden in Begleitung einer tiefen, stillen Glückseligkeit mit ruhiger, kontrollierter Begeisterung von ihr ausgeführt. Sie wirkt sehr geordnet, ja sortiert und in diesem Moment, entdecke ich eine schöne, eine weitere Ebene, ihre japanischen Wurzeln.

Als Schauspieler kämpft man um jeden Moment der Echtheit auf der Bühne, die Herausforderung durchgehend echt und transparent zu sein, ist bei dieser Arbeit elementar. Bei den Behinderten, so habe ich heute beobachtet, ist dies nicht das Problem. Im Gegenteil. Hier wird  an der Dosierung gearbeitet und schon mal daran erinnert: „Dass wir ja nur spielen.“ Die Grenzen sind fließend, denn wie viel „gespielte“ Echtheit kann ein Mensch verkraften? Ich spüre die Antwort und kann sie noch nicht wirklich benennen.

Die Probe der ich heute beiwohnen durfte, war konzentriert und diszipliniert. Der Spaß kam dabei ganz und gar nicht zu kurz, man kann sich wohl fühlen und so sein, wie man ist. Die Mitglieder des Ensembles „Sommerkönig“ begleiten einander durch den Probenprozess. Die Aufmerksamkeit lag heute sehr auf den behinderten Mitgliedern. Dass sich die nicht behinderten Schauspieler, die genauso intensiv an ihrer Rolle arbeiten möchten, vernachlässigt fühlten, habe ich nicht gespürt. Es gibt Szenen, in denen keine Behinderten mitspielen und daher auch Probezeit und ausreichend Raum für die nicht behinderten Schauspieler.

Sehr viel Spaß gemacht hat mir Basti Sesjak, (Kellerkind-Absolvent), der sehr autark und mit viel Humor seine Rolle (Ferdinand) in dieser Probenphase, schon erstaunlich treffsicher zum Einsatz gebracht hat. „Es gibt Pros und Kontras mit behinderten Menschen Theater zu machen“, sagt Basti, „wobei“, so betont er, die Pros überwiegen.“ Vorbildlich für ihn ist der Umgang mit den Impulsen. Die „Theaterkönige“ folgen ihren Impulsen uneingeschränkt, sofort. Dagegen kann ein nicht behinderter Schauspieler „verkopfter“ sein. „Im Grunde haben sie, außer der sprachlichen, keine Barrieren, sie haben nicht wirklich Hemmungen“, sagt er über seine behinderten Kollegen. „Eigentlich sind wir sprachlich auch behindert, wenn man mal bedenkt wie viel Missverständnisse entstehen, weil wir trotz sprachlichen Ausdrucks, der uns verliehen wurde, nicht eindeutig miteinander kommunizieren können, weil uns die Gefühle ständig im Weg stehen und wir befangen sind.“

„Toll ist es festzustellen“, fährt er fort, „dass man eigentlich auf einer Ebene ist. Die behinderten Schauspieler können in eine Welt abtauchen und sind in der Lage, die nicht behinderten abzuholen und auf diese Reise mitzunehmen, freuen sich aber im umgekehrten Fall, an die Hand genommen zu werden und Zeit kreativ ausgefüllt, mit Ihren nicht behinderten Kollegen zu verbringen. Es ist wie auf einem Erfahrungsbazar“, sagt er, man tauscht sich aus und profitiert voneinander. Ich möchte natürlich auch ernsthaft sein“, sagt er schlussfolgernd, „dabei aber das Kind bewahren. Die kindliche Spielfreude die bei den Behinderten rausblitzt, ist sehr ansteckend und erfrischend.“

Und die Theaterkönige sagen:
„Ich habe die wichtigste Rolle bekommen, den Luftgeist Ariostos, damit ich zeigen kann, wie im Menschen Frühling herrscht“ (Nico Randel)

„Mit den Schauspielschülern habe ich neue Freunde, anders als sonst, man blüht mehr auf, zusammen können wir schneller klicken“ (Holger Besgen)

„Ich bin so ein guter Vorspieler“, „Es macht Spaß, meinen Kollegen Holger ein Viech zu nennen, und einen Hund“ (Ulrich Beckers)

„Schauspielen ist so schwer, die Schauspielschüler helfen mir, wenn mein Hals weh tut und mein Kopf“, „Bastian sieht gut aus, alle sehen gut aus, alles ist neu und aufregend“ (Yayoi Trentesaux)

„Wir wollen auch mal Neue, nicht immer nur die alten Hasen“ (Ruth Werner)

Für Sabine Hahn, Regisseurin und Initiatorin der seit 5 Jahren bestehenden Gruppe „Theaterkönig“, die ihr Ensemble mit  liebevollem Blick und Ausdauer führt, ist es die erste Inszenierung in einer gemischten Gruppe. „Und unsere COMEDIA bietet Ihr die Plattform, für die Kunst ein Mensch zu sein“.

 

Isabel Hemming

    
„Sturm“ – ein umgeschriebenes Stück nach Motiven von Shakespeare in einer Fassung von Ulrich Marx.

 

Personen:
Prosper Becker         Ulrich Beckers (Theaterkönig)
Prinzessin Jaja        Yayoi Mochizuki (Theaterkönig)
Caleb Meyer            Holger Besgen (Theaterkönig)
Ariostos                     Nico Randel (Theaterkönig)
Ferdinand                Bastian Sesjak  (Schule des Theaters der Keller-Absolvent)
Mireille                    Mira Koziol  (Schule des Theaters…)
Stefan                        Maxim Mumber (Schule des Theaters…)
 und Katharina       Inga Lessmann  (Schule des Theaters…)

Première Samstag 14. Juli 2012 Beginn 20.00h
Weitere Termine: 15.  18.  19.  20.  &  21.7. 2012
Karten : 0221 – 888 77 222

COMEDIA Theater
Vondelstrasse 4-8

50677 Köln

 

Text: Gastbeitrag

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