Was soll der Scheiß?
Montag, 8. April 2019 | Text: Judith Levold | Bild: Philine Conrad/Judith Levold
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Die junge COMEDIA-Schauspielerin und Künstlerin Philine Conrad ist gefrustet und sauer: Vor gut einem Jahr begann sie, angefangen in der Südstadt, hässlich graue und getaggte Energieversorgungskästen zu bemalen und besprayen. Im vergangenen Sommer hatte sie bereits in der ganzen Stadt insgesamt etwa hundert dieser unschönen Elemente im öffentlichen Raum, im städtischen Gestaltungshandbuch-Sprech „Stadtmöblierung“ genannt, mit knalligen Farben und klarem Design optisch aufgewertet.
Sie machte das eine Zeit lang im Auftrag der Rheinenergie, die immer ein paar KünstlerInnen für die Verschönerung der Kästen unter Vertrag hat. Als Reaktion auf die Farbtupfer bekam Philine unzählige begeisterte Mails und direkte Reaktionen auf der Straße, einigen Zeitgenossen allerdings gefiel der Look auch nicht so gut. Geschmacksache eben. Doch jetzt hat jemand eine Art Feldzug gegen Philines Arbeiten gestartet.
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Findet das natürlich Philine, alias Shirin Rebana, so ihr Künstlername. „Mittlerweile sind 90 Prozent der Kästen zerstört, die ich in der Südstadt gestaltet hatte. Ein Hausbesitzer an der Alteburger Straße schrieb mir, dass seine Hausfassade getroffen worden sei von der Farbe bei der Silberverschmierung. Er ist aufgebracht. Und mit einem Mitarbeiter meines Auftrgagebers Deutsche Post, der auch in der Südstadt wohnt, habe ich telefoniert. Er ist ebenso wütend. Sein Motorrad hat Farbe abbekommen von dieser Person im Zerstörungsmodus. Genau wie der Inhaber des Filos, denn der schöne gelbe Kasten vor dem Lokal ist ebenso zerstört.“
Gute Laune-Spots im urbanen Grau
Momentan ist Philine vor allem rechtsrheinisch unterwegs, denn nach Ende ihres Auftrags von der Rheinenergie (Die Rheinenergie zahlt beauftragten KünstlerInnen pro gestaltetem Kasten einen kleinen Obolus von 50€, was die Kosten für die Farbe deckt, Anm. der Red.), ist vor allem die Deutsche Post mit Sitz in Bonn ihre Auftraggeberin. Die verantwortliche Bereichsleiterin Katharina Putz war sofort begeistert, als ihr Kollege aus der Südstadt ihr die Shirin-Rebana-Kästen vor Monaten zeigte. Sie freut sich über die Farbmarken im Straßenbild von Bonn und Troisdorf.
„Die Kästen stehen überall so ´rum und sehen langweilig aus, alles ist sowieso so grau in grau. Hier schaffen wir Farbtupfer und gute Laune“, findet sie. Und ihr Bereich erstrecke sich auch in den Kölner Osten: „Da ist noch viel Potenzial!“.
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„Zuerst hatte ich positive Erfahrungen gemacht“ erzählt Philine, „Da ja die Kästen so dreckig, getaggt und beschmiert waren, dachte ich, das liegt dran, dass sie so hässlich öde sind und die Leute irgendwie was dranschmieren wollen. Als ich sie dann gesäubert und schön designt hatte, war erstmal der Effekt, dass sich keiner getraut hat, da was draufzuschmieren – also ein gewisser Respekt vor der Arbeit eines Künstlers.“ Außerdem sei sie ständig angesprochen worden während „der Arbeit“, von Passanten, darunter vielen Kindern. „Die fanden das toll, ich habe nur ein einziges Mal jemanden gesprochen, der es nicht gut fand und meine Arbeit kritisierte.
„Auch mega viele Mails kamen, die Leute wollten dann teilweise, dass ich komme und den Kasten vor ihrem Haus auch so schön mache“, so Philine weiter. Dass die Kästen jetzt zerstört wurden, findet sie „Einfach nur Scheiße. Weil es so sinnlos ist, da ist einfach nur Zerstörungswillen.“
Nicht entmutigen lassen
Die scherzhafte Nachfrage bei der Rheinenergie, ob sie selbst die Kästen wieder de-styled habe, wurde natürlich mit „Nein“ beantwortet – was ja klar war. Eine Wiederherstellung der silberverschmierten Stromkästen allerdings lehnt das Unternehmen ab, wie sein Pressesprecher mitteilt. Philine Conrad kann das nicht entmutigen, sie macht weiter, „Jetzt erst recht!“, so die 32-Jährige.
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Kommentare
…sorry…aber wer den kunstraum von graffiti oder street art nutzt, muss auch mit den eventuellen konsequenzen leben…und da gehört „crossen“ oder übermalen halt dazu…egal ob nun für die kunst gezahlt wurde oder nicht…ist zwar manchmal ärgerlich, aber teil der kultur…