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Südstadt

Zwangspause Hochwasser: Die Welt von Kapitän Twan ist 110 Meter lang und 11,45 Meter breit

Mittwoch, 19. Januar 2011 | Text: Jörg-Christian Schillmöller | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

„Du warst wohl noch nie auf so ’nem Schiff?“ Twan hat die Lage sofort erfasst: Er ist 22 Jahre alt und zweiter Schiffsführer auf dem Tanker „Jongert“. Der musste gerade ein paar Tage pausieren, so wie viele andere Schiffe: Der Rhein war bekanntlich wegen des Hochwassers gesperrt. Meine großen Augen hat Twan sofort bemerkt, als er mich im Nieselregen zu sich auf das Schiff winkt. Also steige ich über das Geländer, unter mir gurgelt das braune Wasser – und schon bin ich an Bord und erlebe den Rheinauhafen aus Twans Perspektive: vom regennassen Deck eines 110 Meter langen und 11,45 Meter breiten Tankers, der quasi bei mir vor der Haustür festgemacht hat.

Twan stammt aus Venray in den Niederlanden, nicht weit von der deutschen Grenze. Er ist schlank, hat ganz kurze Haare – und man merkt ihm den Stolz an, ein Schiff in dieser Größe zu steuern. Bei Twan ist das eine Familiengeschichte: Die Liebe zum Wasser hat er bei seinem Onkel entdeckt. Heute ist Twan der jüngste Kapitän seiner Firma, die für Schiffe die Besatzung bereitstellt. „Willst Du die Maschinenräume sehen?“, fragt er. Was für eine Frage. Wir gehen vorbei an vielen Rohren und noch mehr Ventilen zum Bug der „Jongert“. Aus dem KAP-Gebäude beobachten uns Menschen vor Computern.

Ganz vorn klettern wir durch eine Luke und eine blaue Leiter aus Metall hinab in einen engen Raum: „Das ist der Bugstrahl-Motor“, meint Twan und zeigt auf eine wuchtige, gelb lackierte Maschine. „650 PS“, kommentiert er. Außerdem zeigt er mir die Schiffsheizung: Das schwere Heizöl, das die „Jongert“ normalerweise transportiert, muss für den Transport erwärmt werden. Knapp 3.000 Tonnen Öl passen in den Laderaum. Wir klettern wieder aufs Deck, gehen zurück nach hinten und steigen am Heck in die nächste Luke: „Das hier ist der Hauptmotor“, sagt Twan unten. „Der hat 1.835 PS und nur eine Schraube“. Die Strömung im Rhein ist so stark, erzählt er, dass die Schraube sich bei abgeschaltetem Motor von selbst drehen würde. Weil das schlecht für die Kupplung ist, wird die Schraube mit einer Bremse festgestellt.
 
Dann ist der Wohnbereich dran, und ich bin beeindruckt: Die Kabinen erinnern eher an ein gut geführtes und ziemlich modernes Hotel. Schlicht und nicht sehr groß, aber elegant. Und alles ist nagelneu: Die „Jongert“ – benannt nach einer Werft – ist gerade sechs Monate alt. Ein Raum für Waschmaschine und Trockner, dann die Kajüten für die Mannschaft, eine Küche, ein Badezimmer, ein Wohnzimmer mit Ledersofas, Flatscreen und Stereoanlage – alles vom Feinsten. „Wir sind fünf Mann auf dem Schiff“, erzählt Twan: zwei Schiffsführer, Matrose, Decksmann und Steuermann.
 
Dann ist es endlich Zeit für das Allerheiligste: die Brücke. Ich setze mich direkt auf den drehbaren Leder-Stuhl in der Mitte und lasse den Blick aus der Kapitäns-Perspektive über das Deck und den Rheinauhafen gleiten. Twan zeigt mir Ruder und Notruder, dann die Alarmleuchten und das Schifferdienstbuch, in dem wie in einem Fahrtenbuch alle Bewegungen des Tankers aufgelistet werden. 25 bis 30 Stunden dauert die Fahrt flussaufwärts von Rotterdam nach Godorf. 15 Stunden dauert der Rückweg flussabwärts. Twan schaltet den Radar ein – und ich erkenne einen dicken, etwas ausgefransten, gelblichen Strich, der horizontal über das schwarze Display mit den grünen Kreisen führt: „Das ist die Südbrücke“, meint Twan. „Die ist genau 350 Meter entfernt“. So habe ich die Eisenbahnbrücke auch noch nie gesehen. Twan bekommt langsam Spaß an der Sache und führt noch ein paar Kleinigkeiten vor: Er drückt auf einen Knopf, und das gesamte Führerhaus fährt in die Höhe. Er drückt einen anderen Kopf, und die Decke senkt sich über uns herab: „Das brauchen wir für die Brücken auf dem Fluss“, erklärt er.

Wie denn die Mannschaft ihre Zwangspause hier in Köln verbracht hat, will ich noch wissen. Oh, sagt Twan, wir waren natürlich auch an Land. Er selbst hat sich den Dom angesehen, die anderen waren dann auch noch in Kneipen. Aber auch an Bord ist immer etwas zu tun: „Das Schiff muss unterhalten werden“, meint Twan. Es muss geputzt und gewartet werden, die Motoren müssen kontrolliert werden undsoweiter. Muss man eigentlich bei irgendeiner Behörde beantragen, wo man sein Schiff festmacht? „Nein“, entgegnet Twan zu meiner Überraschung. „Die Revierzentrale muss wissen, wo wir sind, da müssen sich alle Tankschiffe, Passagierschiffe und Schubboote melden, damit sie sehen, welches Schiff wann und wo vorbeikommt. Wir müssen uns zum Beispiel in Emmerich, in Duisburg und in Rolandseck melden.“ Wo man am Ende aber festmacht, zum Beispiel am Rheinauhafen: Das entscheiden die Schiffsführer selbst. Wenn Platz ist.
 
Die Führung ist zuende, ich habe das ganze Schiff gesehen. Zum Schluss erklärt Twan mir noch, warum der Rhein bei Hochwasser für die Schifffahrt gesperrt wird. Das liegt unter anderem daran, dass die Welle, die das Schiff erzeugt, so hoch sein kann, dass die Deiche überflutet werden. Twan macht übrigens lieber direkt am Ufer fest, so wie im Rheinauhafen. Manchmal muss das Schiff nämlich im Fluss ankern – und das ist dann ärgerlich: „Dann müssen wir meistens an Bord bleiben und können uns so eine Stadt wie Köln nicht ansehen“. Wir verabschieden uns, und ich klettere wieder zurück auf die Promenade am Rheinauhafen und lasse ihn hinter mir in der Dämmerung zurück, den Tanker „Jongert“, der ein paar Tage länger in Köln zu Gast war als geplant.

Text: Jörg-Christian Schillmöller

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