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Gesellschaft

Zweite Chance für die Pfandringe?

Freitag, 31. August 2018 | Text: Jeannette Fentroß | Bild: Jeanette Fentroß

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Nach seiner Projektidee und der Entwicklung des ersten Pfandrings im Jahr 2012 wurde der Designer Paul Ketz mit Preisen überschüttet – doch die Aufträge ließen zunächst auf sich warten. Inzwischen sind seine Pfandringe bundesweit erfolgreich im Einsatz – nur nicht in seiner Heimatstadt Köln. Wie kann das sein und was steckt dahinter, meinesüdstadt.de hat nachgefragt.

Flaschen bleiben im Recyclingkreislauf

Pfandringe bestehen aus pulverbeschichtetem Edelstahl, sind markenrechtlich geschützt und bekannt als Zusatz für öffentliche Abfallbehälter. Hier können durstige Nachtschwärmer und Feierabendtrinker ihr Leergut guten Gewissens abstellen, Flaschen und Dosen bleiben sauber und unversehrt. Sie kommen so erst gar nicht in den Müll, wo sie von Pfandsammler mühsam wieder herausgeholt werden müssen. Glas-, Plastikflaschen und Aludosen bleiben im Recyclingkreislauf und landen nicht in der Müllverbrennung. Das Ergebnis: weniger Kosten, weniger CO2-Ausstoß durch weniger fälschlich verbrannte Wertstoffe. Weniger Scherben, geringerer Reinigungsaufwand für die Stadt. In unterschiedlichen Farben eignen sich die Pfandringe sogar für werbliche Brandings – interessant für Städte und Kommunen, Firmen, Parteien oder Institutionen. Mehr Win-Win für ein bewussteres Miteinander geht eigentlich nicht. Trotzdem ist die Einführung der Pfandringe in Köln gescheitert. Aber warum?

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Trotz der Kooperation in der Entwicklungsphase des Produktes erhielten die Pfandringe in Köln keine wirkliche Chance. Politische Beschlüsse und Finanzierungsfragen hemmten schon in der Startphase die Produktion des innovativen Entsorgungssystems. Nach einer erfolglosen Pilotphase am Rhein wagte Bamberg als erste deutsche Stadt den Vorstoß und testet den Pfandring. Es folgten kleine Aufträge aus Bottrop, Sindelfingen, Stuttgart, Essen, Leipzig, Regensburg, Hannover, Schwandorf, Offenbach, Kiel, Starnberg, Chemnitz. Die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt testeet die Pfandringe in einem größeren Konzept ab 2016 ebenfalls. Und was in Köln scheinbar nicht funktionieren kann, klappt in Düsseldorf ansehnlich gut! Ein Sprecher des dortigen Abfallunternehmens bestätigt den üblichen Zeitaufwand bei der Leerung der Müllbehälter. Stattdessen landen deutlich weniger Flaschen im Restmüll. Spontane Reaktion eines Flaschensammlers: „Es müsste noch viel mehr von diesen Ringen geben“.

Sozial, ökonomisch, ökologisch

Sozial, ökonomisch, ökologisch – so lautet der Slogan der Pfandringe. Mit diesen Attributen wirbt auch das Hamburger Projekt „Pfand gehört daneben“. Laut Kampagneninfo landen jährlich Pfandflaschen im Wert von insgesamt 180 Millionen Euro landen im Müll, eine nicht zu unterschätzende Belastung für die Umwelt! Mit Unterstützung von Künstlern und namhaften Getränkelieferanten rufen die Hamburger zur Geste der Solidarität sowie zur Erhaltung von Gesundheit und Würde der Pfandsammler auf. Mit Pfandringen lassen sich zusätzlich Glasbruch und die Vermüllung der Straßen reduzieren.

Rückblick: Test rund um den Chlodwigplatz in 2015

Paul Ketz erzählt: „Mir ist damals aufgefallen, dass manche Menschen Pfandflaschen wegwerfen und andere diese mühsam aus Abfallbehältern heraussuchen, um mit dem Pfandgeld einen Teil ihres Lebensunterhalts zu verdienen. An dieser Suche im Müll habe ich mich gestoßen. Nach intensiven Überlegungen entwickelte ich mit den Pfandringen eine Recyclingfunktion für Abfallbehälter und schuf damit einen Brückenschlag zwischen Mehrweg-Kreislauf, ökologischer Ressourcennutzung und sozialer Akzeptanz“. Die einjährige Testphase des Pfandringsystems vor rund drei Jahren in der Kölner Südstadt und in Ehrenfeld brachte nach Einschätzung der Experten dagegen keine positiven Effekte in Sachen Müllvermeidung und Umweltschutz. Das zentrale Ergebnis lautete: mit und ohne Pfandring fanden die Tester insgesamt wenig Pfandflaschen in den Mülleimern. Eigentlich klar, denn die Pfandsammler holen die Flaschen nach wie vor auch aus dem Müll heraus.

Paul Ketz

Flaschen sammeln, ohne zu wühlen

Die Ansichten gehen bei den am Test Beteiligten weit auseinander. Die Pfandringe seien häufig leer und werden kaum genutzt, kritisieren die Gegner. Doch leere Pfandringe zeigen – damals wie heute – wie gut sie tatsächlich funktionieren, erklären die Befürworter. Flaschensammler kommen regelmäßig an den Pfandringen vorbei und leeren diese, ohne dabei im Müll wühlen zu müssen. Obwohl die städtischen Abfallwirtschaftsbetriebe die Projektidee des damaligen Design-Studenten Paul Ketz zunächst unterstützten, wirken die späteren Tests mit insgesamt jeweils nur zehn Pfandringen in nur zwei Kölner Stadtteilen wie eine gewollte Blockade. Hauptkritikpunkte waren der zusätzliche Arbeits- und Zeitaufwand bei der Reinigung der Abfallbehälter, irgendwie kaum nachvollziehbar. Schon 2015 wären Untersuchungen über die Menge von recyclebarem Müll, der in Grünanlagen entsorgt wird, die Vermeidung von Glasbruch sowie der tatsächlichen Nutzung der Pfandringe interessanter gewesen.

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Seitdem hat der Produktdesigner viel dazu gelernt und auch neue Modelle seiner Pfandringe entwickelt. „Ich beginne jedes Projekt aus Überzeugung“, erzählt Paul Ketz, der schon als Kind Erfinder werden wollte. „Glücklicherweise habe ich den Beruf gefunden, der meiner Natur entspricht, ich kann einfach meinem Instinkt folgen und dann wird es gut.“ Auf der Venloer Straße in Ehrenfeld befindet sich das Studio von Paul Ketz. Für ein Produktfoto im Rahmen eines Auftrages für eine andere Stadt bringt der 29-Jährige kurzfristig einen Pfandring an einem Pfosten an. Wie durch Zufall kommen gerade jetzt drei Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes vorbei. Der Designer erwartet eine Ansprache, doch die Reaktion überrascht auch ihn. Einer der Ordnungsamt-Mitarbeiter zückt sein Smartphone und schießt sogleich ein Foto vom Pfandring, „Das ist für mich Ehrenfeld!“, sagt er begeistert.

Die Zeit ist reif

Nur die ursprüngliche Idee der Müllvermeidung und sozialverträgliche, ökologisch-sinnvolle Nutzung der Ressourcen erinnern noch an den Prototypen von Paul Ketz aus dem Jahr 2012. „Die neue Generation seiner Pfandringe „Ufo“ bestehen beispielsweise aus zwei Teilen und sind für runde wie eckige Behälter erhältlich. Ganz neu sind die „BowWow“ Pfandring-Varianten, die angeklemmt werden und für alle Standardpfosten mit Durchmessern wie 60, 76, 90 oder mehr Millimetern erhältlich sind. Der Name des neuen Pfandrings klingt, wie er aussieht: eine gebogene Form, bestehend aus zwei Teilen. Variabel und vielseitig einsetzbar sind auch die Modelle „Baguette“, „Banana“ oder „Modular“. Durch die Montage an Pfeilern und Pfosten bieten sich zusätzliche Platzierungsmöglichkeiten in Parks und Städten zur Nutzung an. Die Kritik eines angeblich zusätzlichen Aufwandes bei der Leerung der Abfallbehälter entfällt dadurch ganz.
Die Zeit ist also mehr als reif für einen neuen Test der „BowWow“-Pfandringe in Köln und in der Südstadt!

Text: Jeannette Fentroß

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Kommentare

  • RONALD PETCHANA sagt:

    Hallo,
    ich hatte damals 2 Pfandringe in Ehrenfeld gesponsert.
    Die Pfandringe waren immer ein Dorn im Auge der Abfallentsorgung,obwohl sie gut angenommen wurden.
    Ich bin der Meinung, dass Klüngel und Fetternwirtschaft der Grund für den Abbau waren.
    Daran hat sich bis heute nichts geändert.
    Für arme Bürger in Köln interessiert man sich nicht.
    Ronald

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