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Gesellschaft

Die etwas andere Party

Sonntag, 21. Juni 2015 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Tamara Soliz

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Jedes Jahr feiert Jörn seinen Geburtstag mit Familie und Freunde. Dieses Jahr hat er sich inspirieren lassen und Gäste eingeladen, die keiner kannte – auch er selbst nicht. Außer seine Eltern hatte er niemanden über die unbekannten Gäste” informiert. Surprise!

„Meine Südstadt“ hat sich mit Jörn getroffen, als er seine Gäste abholt. Mit seinem Auto ist er gekommen und lernt nun im Hotel Mado in der Moselstraße Wegahta, Shiden und Hiyab kennen. Zu dieser Begegnung kam es so:

Jörn und Yvonne besuchen mit ihren Kindern gerne den Kindergottesdienst von Pfarrer Hans Mörtter in der Lutherkirche. Während eines Gottesdienstes erzählt Pfarrer Hans Mörtter von den Flüchtlingen im Veedel und dass sie direkte Unterstützung aus der Bevölkerung brauchen. Er erzählt vom Weltflüchtlingstag am 20. Juni und der #türauf-Aktion. Freiwillige vor!

“Hans kann sehr überzeugend sein!” lacht Jörn. “Meine Frau und ich wollten uns schon immer irgendwie für Flüchtlinge engagieren. Und jetzt haben wir gesagt, jetzt machen wir endlich was! Der Weltflüchtlingstag fällt auf meinen Geburtstag. Da haben wir uns überlegt, eine Flüchtlingsfamilie zu unserem Fest einzuladen. Hans Mörtter hat den Kontakt zur Hotelunterkunft in der Moselstraße (hier sind Flüchtlinge von der Stadt Köln temporär einquartiert, Anm. der Red.) hergestellt und deren Leiter rief mich bald an. Er hat uns eine Familie aus Eritrea vorgeschlagen, die gerade ein Baby bekommen hat. Wir haben direkt zugesagt.”

Während der kurzen Fahrt nach Hause unterhält sich Jörn mit den beiden und man lernt sich kennen. Zuhause angekommen, stellt Jörn seine neuen Gäste kurz und unaufgeregt vor. Er erklärt, warum jetzt Gäste aus Eritrea da sind und macht ganz normal weiter im Programm.

Es gibt Kaffe, Tee und Kuchen. Jede Menge köstlichen Erdbeerkuchen. Jörns Mutter bereitet den Gästen Tee zu und reicht ihnen vom Kuchen. Shiden und Wegahta sind Christen. Sie fasten, anders als Moslems nicht aktuell und können unbekümmert essen und trinken. Christen werden in Eritrea verfolgt. Das ist einer der Gründe, warum sie ihre Heimat verlassen haben. “Und die politische Situation” erzählt Wegahta. Eritrea hat lange einen Unabhängigkeitskrieg mit dem Nachbarland Äthiopien geführt. Seit 1993 ist Eritrea von Äthiopien unabhängig und seitdem eine Parlamentarische Republik, wo de facto das Parlament aber inaktiv ist und von eine Sozialistische Militärdiktatur regiert. Shiden und Wegahta waren Soldaten in ihrer Heimat, erfahren wir. Jetzt sind sie also auch noch Deserteure…..

Jörns Vater Berko geht als erster auf die jungen Menschen zu: “Wie heißen Sie? Wie lange leben Sie schon in Deutschland? Sollen wir Deutsch oder Englisch sprechen?”. Die Kommunikation ist nicht ganz leicht. Shiden und seine Frau sind knapp ein Jahr in Deutschland und sprechen wenig Deutsch und wenig Englisch. Berko erfährt, dass Shiden 25 Jahre alt ist, Wegahta 24 und Töchterchen Hiyab ist gerade 10 Wochen jung. Wegahta ist in der Nähe von Wuppertal untergebracht und Shiden in Köln. Nur zur Geburt des Töchterchens durfte Wegahta nach Köln kommen – bald soll sie mit Hiyab wieder zurück in die Kleinstadt in der Nähe von Wuppertal. Jörns Familie und Freunde sind entsetzt. Warum nur? Hier stoßen alle an die Grenze der Kommunikation und wünschen sich einen Übersetzer herbei. Warum wird das Paar so weit entfernt voneinander untergebracht? Unverständnis macht sich breit. Was denken sich die deutschen Behörden dabei? Vielleicht haben sie ihre Papiere verloren? Ja, Shiden und Wegahta erzählen, dass sie drei Monate gebraucht haben, um aus Eritrea nach Deutschland zu kommen. Zunächst waren sie im Sudan, dann Libyen und schließlich mit dem Schiff nach Italien. Von dort aus nach Deutschland. “Libyen ist verrückt!” erklärt Shiden in gebrochenem Deutsch. Alle Papiere und Wertsachen sind ihnen dort weggenommen worden. Dort werden viele Menschen einfach so umgebracht. Mehr sagen sie nicht über ihre lange Reise nach Deutschland.

 


Shiden und Jörns Vater Berko unterhalten sich beim Kaffee, Tee und Kuchen.

“Wie heißt die Hauptstadt von Eritrea? Wie viele Einwohner hat sie?” wechselt Berko das Thema. Shiden und Wegahta tauschen sich in ihrer Muttersprache aus. Dann erfahren wir, dass die Hauptstadt Asmara heißt und 649.000 Einwohner hat. Shiden und Wegahta haben beantragt, zusammen bleiben zu können. Das ist noch in Arbeit. Wegahta sagt, dass sie nicht zurück in die Kleinstadt in der Nähe von Wuppertal möchte. Sie berichtet, dass es dort nicht so viele Menschen gibt und dass sie nicht so glücklich wären über die Flüchtlinge dort. “Sie helfen nicht so viel” fügt sie hinzu. “In Köln gibt es mehr Menschen und sie helfen uns mehr.”

Jörns Frau Yvonne setzt sich im Garten zu Shiden und Wegahta. Baby Hiyab schläft in der Babyschale. “Braucht ihr etwas für das Baby? Bekommt ihr auch Deutschkurse?” Das Baby ist gut versorgt. Aber an Deutschkursen mangelt es. Shiden hat 7 Unterrichtseinheiten bekommen. “7 Mal? In einem Jahr?” Yvonne ist fassungslos! “Wieso denn nur 7 Mal? Das ist viel zu wenig! Sprache ist doch so wichtig! Ich dachte, die haben jetzt jeden Tag Unterricht. Kein Deutschkurs! Das macht mich fertig!” Wieder Unverständnis und Spekulationen: Wahrscheinlich haben Shiden und Wegahta noch keinen offiziellen Status in Deutschland und somit keine Berechtigung an einem Deutschkurs teilzunehmen. Ehrenamtler gehen in die Wohnheime, um eben solchen Menschen schon mal ein bisschen Deutsch beizubringen.
Wegahta fragt, ob alle Gäste für Shiden und Wegahta eingeladen worden sind. Yvonne erklärt, dass sie jedes Jahr Jörns Geburtstag feiern und die drei aus Eritrea zu dem Fest eingeladen wurden. “I like this very much. It’s a good idea,” sagt sie und bedankt sich für die Einladung.

Immer wieder gehen die Freunde und Verwandten von Jörn und Yvonne auf die unbekannten Gäste zu und es kommt zu Gesprächen. Ideen entstehen. Jörn ist Kunsthistoriker, Kurator und Stadtführer. Er könnte ja mal eine Stadtführung für die Flüchtlinge anbieten. Durch die Altstadt. Oder man könnte mal den Dom besteigen. Ein Freund ist Mitarbeiter beim WDR. Man könnte ja mal das Sportschaustudio besuchen. Das würde bestimmt den Männern und Kindern gefallen. Könnte man zu klein gewordenen Kleider im Wohnheim abgeben? Berko liest ehrenamtlich in Schulen für Kinder mit Leseschwäche vor. Vielleicht könnte man das auch Flüchtlingskindern anbieten?

Am Ende des Festes resümiert Jörn: “Es hat alles gut funktioniert. Es sind viele Gespräche entstanden. Alle waren ganz angetan. Unser Engagement kam bei allen gut an. Wir kannten bislang keine Flüchtlinge persönlich. Immer nur aus den Nachrichten. Es sind viele Ideen entstanden. Vielleicht macht der ein oder andere tatsächlich etwas. Meine Frau hat Shiden, Wegahta und Hiyab nach Hause gefahren. Sie haben uns auch zu einem Gegenbesuch eingeladen. Das möchten wir auf alle Fälle realisieren. Die Geburtstagsparty war wie immer und gleichzeitig auch anders.”
 

Text: Aslı Güleryüz

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