Dürfen die „Südstadt-Heinzel“ wiederkommen?
Montag, 10. März 2025 | Text: Elke Tonscheidt | Bild: SKM
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Weit mehr als „nur“ eine Maßnahme – so sieht der SKM Köln, der Sozialdienst Katholischer Männer e.V., sein Projekt „Südstadt-Heinzel“. Doch bei allem Erfolg: Das gute Beispiel für soziale Integration steht vor dem Aus. Schon seit Ende 2024 pausiert das Projekt.
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Café Kult – hier ist der Name ProgrammDie Gruppe mit den roten Heinzel-Westen war in den letzten Jahren regelmäßig im Volksgarten unterwegs. Die „Heinzel“, größtenteils Männer und eine Frau, die von Anfang an dabei war, waren Teil eines Projekts, „das wir bewusst niedrigschwellig angesetzt hatten“, erzählt Jörg Graef, Sozialarbeiter beim SKM. Die Tage begannen mit einem kostenlosen Frühstück, dann wurde im Volksgarten aufgeräumt, danach geduscht. „Es wurde so gut angenommen“, erinnert sich Graef und seine Betroffenheit ist deutlich spürbar.
Säckeweise Müll und ein Laptop
Jörg Graef und sein Kollege Hans Arnold schauen zurück auf die „Südstadt-Heinzel“, ihr Tagesstrukturprojekt, wie sie es nennen. Denn, ja, es ging natürlich darum, den Volksgarten sauber zu halten, sprich ihn von seinem Müll zu befreien. „Säckeweise Müll haben wir jeden Tag rausgetragen“, so Graef; Hunderte Windeln, Flaschen ohne Ende und einmal war sogar ein altes Laptop dabei. Letzteres wurde ins Fundbüro gebracht, die Pfandflaschen meist bei Rewe abgegeben.
Rund 38 Personen zählte das Projekt „Südstadt-Heinzel“ und es ist Jörg Graef wichtig zu betonen, wer diese Menschen sind. Ausnahmslos Zugewanderte, ohne jeden Zugang zum deutschen Hilfesystem. Menschen, die meist aus Rumänien, Bulgarien oder Polen stammen; EU-Bürger*innen, die ohne Leistungsberechtigung „extrem perspektivlos“ waren. Eine feste Struktur ihrer Tage und eine kleine Aufwandentschädigung reichten, um diese Situation zu verbessern.
Das Projekt gab ihnen Mut – und die Zuversicht, vielleicht doch nicht ganz unerwünscht zu sein, wie Jörg Graef sagt. „Einmal“, gewährt er mir Einblick, „hat eine Anwohnerin aus der Vorgebirgsstraße sogar Zimtschnecken gebacken und verteilt“. So schön waren die positiven Reaktionen von außen. Ein anderes Mal wurde zusammen mit dem WDR eine kleine „wassergebundene Wegedecke“ erstellt, worüber das Fernsehen dann auch berichtete. Hier konnte der Stigmatisierung der „faulen Obdachlosen“ entgegengewirkt werden – alle arbeiteten schnell und fleißig mit.
Und ein solches Projekt soll gerade in der heutigen Zeit abgeschafft werden?
Für den SKM Köln sind die „Südstadt-Heinzel“ ein Paradebeispiel für erfolgreiche soziale Integration und ein Modellprojekt für Menschen in besonders schwierigen Lebenslagen. Das bedeutet konkret: Menschen bekamen durch eine ihnen zugewiesene Arbeit wieder Lebenssinn. Sie spürten, wie sich die Abwärtsspirale nicht weiter nach unten bewegte. Im Gegenteil, und darauf ist Graef besonders froh: „Drei oder 4 Leute konnten sogar komplett aus der Spirale herauskommen. Sie fanden durch die Motivation, die ihnen das Projekt gab, eine Wohnung, einen Job.“ Andere tranken weniger Alkohol, zumindest keinen hochprozentigen mehr, manche schafften es, ganz trocken zu werden.
Erfolge, die nun auf der Kippe stehen.
So ziehen die Südstadt-Heinzel schon seit Monaten nicht mehr durch den Volksgarten, mit ihren Zangen in der Hand, auf der Suche nach Müll. Die Hilfsmittel lagern im Keller der Vorgebirgsstraße 22 – dort, wo die Humanitäre Hilfe des SKM Köln sitzt. Und auch das ist für sie vorbei: Es gibt keine Ausflüge mehr, wie z.B. in den Zoo, zum Rhein für eine Rheinrundfahrt oder auf den Dom. Zeichen der Anerkennung für das Aufräumen, Zeichen, dass diese Menschen gesehen werden.
Was das für den Volksgarten bedeutet, ist unklar. Klar ist, konstatiert Graef traurig, dass die 38 Menschen nun wieder ohne soziale Teilhabe dastehen. Was das bedeutee, möge jeder für sich beantworten …
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Kartäuserkirche – Evangelische Gemeinde KölnDer SKM ruft alle Kölner*innen zur Solidarität und Unterstützung auf, „insbesondere die Anwohnenden der Südstadt, sowie die Politik, das Projekt zu unterstützen und mit Spenden zu helfen. Nur durch private und öffentliche Unterstützung können wir sicherstellen, dass die „Südstadt-Heinzel“ ihre wichtige Arbeit fortsetzen können. Wir brauchen dringend Förderer und Partner, um das Projekt zu sichern und den Teilnehmenden eine Perspektive zu bieten.“
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