Giesen ist gegangen.
Montag, 24. November 2025 | Text: Elke Tonscheidt | Bild: Elke Tonscheidt
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Jahrelang war Bezirksbürgermeister Manfred Giesen ein wichtiges Gesicht der Grünen im Bezirk Rodenkirchen. Einem Bezirk, zu dem so unterschiedliche Viertel und Habitate wie Marienburg und Meschenich oder unsere direkten Veedelsnachbarn Zollstock und Raderberg gehören. Mit der neuen Legislatur nach der Kommunal- und OB-Wahl hat er aufgehört. Und wie sich das nach ein paar Wochen anfühlt, darüber hat unsere Autorin Elke Tonscheidt mit ihm und seiner langjährigen Assistentin gesprochen.
Das erste Mal treffe ich Manfred Giesen auf dem Südfriedhof, wo er humorvoll einen Offenen Bücherschrank einweiht. Denn Humor hat er, wie Yasemin Balaban, seine langjährige Assistentin, bestätigt. Sie ist zum Interview mitgekommen.

Manfred Giesen und Hans Jürgen Greve Schrank Südfriedhof
Bewusst Platz gemacht
Ein echter Vollblut-Bezirksbürgermeister sei er gewesen, findet Balaban. Nach fünf Jahren jetzt die Zäsur im Leben des Kölners, die nicht spurlos an ihm vorüber geht, obwohl er sie selbst herbeigeführt hat.
Ein halbes Jahrzehnt als Bezirksbürgermeister und zuvor schon 16 Jahren als Fraktionsvorsitzender haben gereicht, Manfred Giesen wollte im Bezirksrathaus in Rodenkirchen bewusst Platz für seine Nachfolgerin machen: Sabine Müller. Zu der er ein ganz besonderes Verhältnis hat. Aber der Reihe nach.
Im Gespräch im Mahér
Wir sitzen am Ubierring, im Mahér. Ich möchte eine kleine Bilanz hören: Wie war es denn so als Bezirksbürgermeister? Was ist gelungen? Warum hört man auf, wenn so vieles klappt?
Giesen führt seine Familie an. Die fast erwachsenen Enkel bräuchten ihn heute weniger, aber seine Frau, die „musste auf vieles verzichten“.
„Isso“, sagt er ganz umgangssprachlich und seine Assistentin fügt hinzu: „Er hatte halt oft einen extrem getakteten Tag“.
Gemeinsam ziehen sie Bilanz: „Wir waren ein gutes Team, immer zum Wohl der Bürger unterwegs – manchmal waren die fast verblüfft, wie zügig wir uns ihrer Angelegenheiten angenommen haben“, sagt Balaban und Giesen nickt dazu.
Vollblutbürgermeister mit Holland im Herzen
Jetzt gibt es neue Pläne. Aufräumen sei sehr angesagt, gibt Giesen zu, insbesondere im Keller. Und besonders angesagt sei Holland. Denn daher, aus Zuid-Holland, komme seine Frau, weshalb er sich im Laufe der Jahre auch ein paar Sätze Niederländisch angeeignet habe. Seine Lieblingsgegend sei Goeree-Overflakkee – und ich stutze. Wie bitte? Ich muss gestehen, auch als „Viertel-Holländerin“ von dieser Insel, die zwischen der Provinz Zeeland und Rotterdam liegt, nie etwas gehört zu haben. Für seine Lieblingsgegend will er sich jetzt mehr Zeit nehmen.
Analytisch dank Mathestudiums
Die ersten zweieinhalb Jahre seines Lebens verbringt Manfred Giesen als kölscher Jung in Hohenlind, aufgewachsen ist er in Rodenkirchen. Den kölschen Singsang hört man nicht oft durch – seine Mutter habe großen Wert auf eine gute Erziehung gelegt, einschließlich guter Sprache. Nach dem Mathematikstudium an der Uni Köln, dem er sein analytisches Denken verdanke, arbeitet er „ein paar Jahrzehnte“ bei Gerling in der IT.
Wie Giesen zu den Grünen kam
In die Politik kam er erst, als sein bürgerschaftliches Engagement auffiel. „Wir wollten die Sürther Aue erhalten“, erinnert sich Giesen an die Zeit der Bürgerinitiative. Mit vielen Parteien sei man damals in Kontakt gekommen – und eines Tages habe ihn Sabine Müller gefragt, ob man ihn auf die Grüne Liste setzen könne. Giesen willigte ein, weil er zunächst kein Parteibuch haben musste. „Viel später bin ich dann natürlich eingetreten“, sagt er, „das war dann konsequent, denn die Grünen haben sich wirklich stark eingesetzt.“
Vielleicht kann man Manfred Giesen politisch aber auch als Schwarz-Grünen betrachten, denn ein frühes Engagement bei der Jungen Union verschweigt er nicht: „Für die habe ich mal Wahlkampf gemacht“, schmunzelt er und setzt hinzu: „Da sehen Se mal, wie alt ich bin.“

BBM-Giesen und Yasemin Balaban_Hotel Rheinblick
Was ein Bezirksbürgermeister erreichen kann
Welche Themen hat er in 5 Jahren gut gemeistert? Drei darf „der a.D.“ benennen:
Als erstes Beispiel nennt er die Entflechtungsstraße zum Bauvorhaben Rondorf West und die dort gelungene Trassenführung. Auch den Ersatz für die noch bestehende Brücke an der Haltestelle Michaelshoven, wo „nach vielen Diskussionen endlich ein ebenerdiger Übergang verabschiedet werden konnte“ zählt er zu den Pluspunkten seiner Amtszeit.
Erfolge auch für Meschenich und Zollstock
Die Verbesserung der Infrastruktur von Meschenich durch den Ausbau des bestehenden Jugendzentrums zu einem kombinierten Jugend- und Bürgerzentrum ist ein drittes Beispiel, das Giesen wählt und er ist froh, dass dies zusammen mit der Evangelischen Kirche bewerkstelligt werden konnte.
Schließlich –und damit ist er schon beim vierten Punkt– weist er noch auf die abgeschlossene Umgestaltung der Vorgebirgstraße in Zollstock hin: Mehr Sicherheit für Radfahrende, geringere Geschwindigkeiten, weniger Lärm.
Eigentlich aber, sagt Manfred Giesen, müsse man die Bürgerinnen und Bürger fragen, was denn gut gelaufen sei. Dass er insgesamt zufrieden ist, verhehlt er nicht – genauso wenig wie seine leichte Wehmut: „Ich bin einerseits erleichtert, mir wurde eine Last von der Schulter genommen“. Doch wenn man trotz des ganzen Stresses fühle, wie gut sich kleine Dinge oft lösen ließen, dann schaue man eben auch „ein bisschen wehmütig zurück“.

Immer im Garten am Wurschteln – dank der schönen ersten Novemberhälfte
„Immer erreichbar – auch als „a.D.“
Einen Tag nach unserem Interview treffe ich Yasemin Balaban zufällig vor ihrem Büro. Denn im Gegensatz zu ihrem früheren Chef hat sie das Bezirksamt nicht verlassen, sondern wirkt weiter – nun als Assistentin von Dr. Sabine Müller. Ich trage ihr meinen Wunsch vor, „den a.D.“ noch vor seinem Häuschen in Sürth zu fotografieren.
Sie ruft ihn an und ich habe den Termin in 20 Minuten. Er sei immer erreichbar für sie gewesen, hatte sie mir bei unserem Treffen gesagt – und so ist es auch heute. Womit sich, denn ich wurde in Giesens Garten gebeten, der Kreis schließt: „Herr Giesen“, lache ich, als ich eintrete. „Bei der Gartenarbeit“, sagt er und meine Handy bekommt das gewünschte Foto.
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Sehr schöner Artikel, Danke.