Kölsche Mafia
Donnerstag, 12. September 2024 | Text: Wolfgang Mödder
Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten
Köln wird nicht ganz ohne Grund als die „Nördlichste Stadt Italiens“ charakterisiert. Neben der sympathisch leichten Lebensart, chaotischer Verwaltung und dem eigens für Kölner Zustände kreierten Begriff „Klüngel“ war auch die Nähe zwischen Polizei und Kriminalität besonders ausgeprägt. Diese Nähe war auch räumlich gegeben und förderte somit zusätzlich den Erfolg der Zusammenarbeit.
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TorburgIm Sionstal, im bereits erwähnten „Kolonialwarengeschäft Simon“, herrschten Frau Gerda Simon, nur „Et Simon’s Jert“ genannt, und ihr Mann, den sie nur „Jöckefürst“ rief.
Kommissar Schnäutzer
In der nur einen Steinwurf entfernten Zwirnerstraße gab es damals das Polizeirevier 1. Es wurde von dem sagenumwobenen Alfred Hasemeier, genannt „Kommissar Schnäutzer“, mit äußerst autoritärer Hand geführt.
Der „Schnäutzer“ beherrschte die damals noch völlig unbekannten fernöstlichen Kampfsportarten Judo und Jiujitsu. Er war der einzige Europäer, der den vierfachen Dan tragen durfte. Seine ganze Erscheinung wirkte respekteinflößend; verstärkt noch um seine körperlichen Fähigkeiten, war er der unumstrittene Herrscher in seinem Revier, vor dem selbst die gefürchtetsten Schläger aus der Klappergasse oder der Biberstraße kuschten.
Wir „Pänz“ konnten, wenn wir einen schwachen Moment bei ihm erwischten, schon mal sein Herz erweichen. So K.H. Bünder, der nur „Die Schnibb“ gerufen wurde. Er trug diesen Spitznamen, weil sein Vater bei seiner Geburt nach drei vorangegangenen Mädchen begeistert ausgerufen hatte: „Endlich, dä hätt ne Schnibbel!“
Erwischt
Wie wir alle klaute auch die „Schnibb“ wie ein Rabe Altmetall. Einmal wurde er bei dieser Arbeit, als er in einem Kellerloch ein Bleirohr ausbuddelte, vom „Schnäutzer“ beobachtet. Auf die ihn zu Tode erschreckende Frage: „Was machst Du da?!“ antwortete die „Schnibb“ geistesgegenwärtig: „Herr Kommissar, ming Mamm hätt hück Gebortsdach, isch hann kei Jeld, ävver isch dät ihr doch esu jäne paar Blömsche kaufe.“ Der Kommissar antwortete: „Ävver nur dat eine Rühr!“
Neben dem „Jert“ und dem Kommissariat spielte als dritter Faktor der ebenfalls ganz in der Nähe gelegene Rheinauhafen eine entscheidende Rolle. Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre war er noch in vollem Betrieb und Umschlagplatz für Frachtgut aller erdenklichen Art.
Zwischenstopp mit Frachterleichterung
In diesem „Dreiklang“ geschahen bei Nacht und Nebel Eigentumsverschiebungen in gigantischem Umfang. Beladene Lkw machten zum Beispiel im Sionstal einen Zwischenstopp und fuhren danach, deutlich erleichtert, zu ihren eigentlichen Bestimmungsorten.
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Capricorn (i) Aries BrasserieUmgekehrt kamen – rappelnd über das damals noch verlegte Kopfsteinpflaster – leere Lkw und fuhren – nun deutlich leiser – voll beladen davon.
Irgendwann flog dieser nächtliche Spuk dann doch auf und geriet in den Zusammenhang mit der zu zweifelhaftem Ruhm gelangten „Pudelbande“. Der „Stern“ machte daraus sogar eine Titelgeschichte, und alle im Sionstal, die es ja immer schon gewusst hatten, waren auch ein bisschen stolz, dass unsere Straße so viel Aufmerksamkeit erfuhr.
Die ungekürzte Version des Textes findet man neben vielen anderen Südstadt-Geschichten aus der Nachkriegszeit im Buch „Dat kleine Brüdche“ von Wolfgang Mödder. Erhältlich ist das Buch in der Maternus-Buchhandlung in der Severinstraße.
Und: Heute Abend, am 12.9. liest der Autor seine Geschichten selbst! Um 19:30 Uhr in Haus Balchem. Um Anmeldung wird gebeten.
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