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Kultur

Über uns der Regen

Dienstag, 13. September 2011 | Text: Kathrin Rindfleisch | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Ich treffe Jan Schomburg in der Speisekammer. Am Sonntag um 12 Uhr, als nur noch ein Lachsbrot und eine Cola helfen. Gegen die Spuren der Samstagnacht und gegen den Regen, der so alles zu geben scheint an diesem Septembersonntag. Noch einen Sonntag zuvor war es so heiß, dass ich bei der Premiere von „Über uns das All“, dem ersten Kinofilm von Jan Schomburg, schwer unter der nicht vorhandenen Klimaanlage im Schauspielhaus litt. Jetzt sind wir hier, um über diesen Film zu sprechen, der mich etwas irritiert zurückgelassen hatte. Wie gut, dass mir der Filmemacher nun gegenüber sitzt, um mir ganz privat seinen Film zu erklären.

Sein Film „Über uns das All“ erzählt die Geschichte einer Frau, die erfährt, dass ihr Mann Selbstmord begangen hat. Während der Beerdigungsplanung findet sie heraus, dass ihr Mann, der vorgab Arzt zu sein, die Uni schon vor Jahren ohne Abschluss verlassen hatte. Diesen ersten Teil der Geschichte, das erfahre ich heute als Erstes von Jan Schomburg, hatte er vor Jahren während seiner Zivildienstzeit als wahre Geschichte erzählt bekommen. Zwei Dinge berührten den damaligen Zivi Jan und hinterließen in ihm einen so starken Eindruck, dass er nun einen Film darüber gemacht hat. Die Vorstellung, mit jemandem ganz nah zusammen zu sein und ihn doch gar nicht zu kennen und die Frage, wie man als Mensch mit dieser völlig neuen Realität umgeht. Er hatte sich eine tiefe Art von Trauer vorgestellt, hatte aber nicht gerechnet mit der Stärke der von ihm entworfenen Figur. Beim Schreiben des Drehbuches wird ihm klar, Martha, die weibliche Hauptrolle, will gar nicht trauern. Und dieser Umstand fasziniert ihn. Es hat etwas Obszönes, etwas Freches, entgegen der von der Gesellschaft verordneten Trauer zu reagieren. Im Film lebt sie ihr Leben mit einem Mann weiter, der dem Verstorbenen ähnlich sieht und geht mit diesem, so wie mit dem anderen geplant, nach Marseille. Auf mich wirkte ihr Verhalten merkwürdig entrückt, irgendwie irre. Dieses Weitermachen an gleicher Stelle mit einem, der eben so ähnlich aussieht.
Wer weiß denn schon, was irre ist? Von dieser rhetorischen Frage Jan Schomburgs fühle ich mich ertappt. Shit nochmal ja, immer diese Muster. Statt von schnöden Mustern erzählt Jan Schomburg von einer starken Frau, einer fundamental Liebenden. Und schon habe ich innerlich meine Position der unabhängigen Interviewerin verlassen und lasse mich beeindrucken von meinem Gegenüber. Groß gewachsen, dunkler Wuschelkopf zu dunklem Rauschebart, schwarze Brille zu schwarzem Anzug. Der da erzählt von der Liebe. Davon, dass sie nicht weggeht, nur weil der geliebte Mensch nicht mehr da ist. Und dass sie immer etwas meint, die Liebe. Nicht den Anderen, sondern das Bild, das man von dem Anderen hat. Und ich denke Wow, er hat recht. Wer will schon irre sein, wenn er statt dessen ein fundamental Liebender sein könnte?

 

Martha (Sandra Hüllet) und Paul (Felix Knopp). Foto: Real Fiction

Ich versuche es mit einem für mich weiteren Ungereimtheit des Films. Der des neuen Mannes, der, wie ausgetauscht, einfach an die Stelle des alten zu rücken scheint. Gut, gehen wir also jetzt davon aus, dass Martha die große Liebe in sich weiterlebt, sie auf diesen neuen Mann projiziert, nicht irre ist, sondern auf diese Art versucht, die Geschichte zu verarbeiten. Was aber ist mit dem neuen Mann? Er erlebt Martha als eine Frau, die ihn gleich sehr vertraut in ihr Leben einlässt. Die sich ihm gegenüber verhält, als wären sie schon ewig ein Paar. Mir erscheint das sehr unglaubwürdig, an seiner Stelle würde ich doch wissen wollen, was mit dieser Frau, die mir sehr gefällt und in die ich mich beginne, zu verlieben, los ist. Was sie umtreibt, warum sie sich oft so merkwürdig verhält. Und auch hier komme ich mir wieder etwas ertappt vor, denn die mir merkwürdig erscheinende Naivität diese Alexanders, wird bei Jan Schomburg zu einer bewundernswerten Großzügigkeit umgedeutet. Nicht wissen zu müssen, was mit dem Gegenüber los ist. Weil es doch viel aufregender ist, den Menschen, den man liebt, nicht in und auswändig zu kennen, jedem etwas Eigenes zu lassen und ihn damit erst richtig zu achten und zu respektieren. Ja, er hat ja so recht. Und trotzdem versuch ich´s noch ein drittes Mal. Ich ahne schon, dass dieser so bemerkenswert in sich ruhende Mensch mir gegenüber auch dafür eine Erklärung haben wird. Aber schließlich hat mir bei seinem Film wirklich etwas gefehlt. Und das sage ich ihm! Warum erfährt man nichts von dem vermeintlichen Doppelleben des Ehemannes? Man will doch wissen, was er all die Jahre gemacht hat, zumal der Film kurz anschneidet, dass eine gemeinsame Freundin ihm als Letzte auf die Mailbox gesprochen hat. Er solle unbedingt zurückrufen. Als Ehefrau wäre ich doch neugierig! Und auch hier schafft Jan Schomburg es, mich zu überzeugen. Ja, es gibt auch im Leben riesige Lücken, auch gerade bei Selbstmord und man muss irgendwann akzeptieren, dass man niemals alle Beweggründe, Gedanken und Gefühle des geliebten Menschen erfahren wird, der für uns so unverständlich aus eigenen Stücken aus dem Leben gegangen ist.

Nach der Premiere, hatte ich mich bei Jan Schomburg für die tollen Bilder bedankt. Immer wieder gab es Einstellungen, die wunderschön, fast poetisch wirkten. Heute merke ich, dass er nicht nur vor der Kamera schöne Bilder erzeugen kann, sondern auch mit dem, was er sagt. Auf meine Gratulation zu den für den Film erhaltenen Preisen hin, entgegnet er ziemlich gelassen, dass es ihn schon freue, man aber Preise auch nicht so persönlich nehmen dürfe. Wenn man in guten Zeiten lerne, sich nicht zu sehr von positiver Kritik beeindrucken zu lassen, sei es in schlechten einfacher, sich von schlechter Kritik nicht komplett runterziehen zu lassen.
Sehr vernünftig, alles, was dieser Mann so sagt. Und, Objektivität hin, journalistischer Argwohn her, ich nehm´s ihm ab. Vielleicht, weil er so was Aufrichtiges hat, etwas Bedachtes und Selbstkritisches. Oder, weil er, darauf angesprochen, dass ich ihm nicht ganz abnehme, dass die Glitzer-Filmwelt ihn völlig kalt lässt, erzählt, ein Leben lang sage man sich Wenn ich erst mal den Film mache, dann oder Wenn ich einen Preis gewinne, dann. Und dann merke man aber, dass man ja immer noch der Gleiche sei und das eigene Leben sich nicht komplett verändere. Mit diesem Trugschluss habe schon so manch einer sein Leben verwartet auf.

Vielleicht ist es diese offene, unprätentiöse Art, die mich für ihn einnimmt, ich scheine damit in jedem Fall nicht ganz alleine dazustehen. Bei der Filmpremiere am vergangenen Sonntag hat die Kölner Bürgermeisterin Angela Spizig per Videobotschaft in den höchsten Tönen von ihm gesprochen und wohl nicht ohne Grund wurde zum ersten Mal in seiner Geschichte das Schauspielhaus für eine Filmpremiere zur Verfügung gestellt. Köln ist stolz auf diesen komplett kölschen Film, von Buch, über Dreh bis hin zu Postproduktion wurde alles komplett hier in unsere Stadt erstellt. Jan Schomburg, der selbst in der Elsaßstraße wohnt, mag es sehr, in Köln zu drehen. Es sei, trotz vieler unterschiedlicher Drehs, noch so unverbraucht. Es gebe so viele schöne Ecken und Winkel, aus denen man Köln noch nie gesehen habe. Auch sein nächster Film, an dessen Drehbuch er gerade sitzt und der von einer Frau handeln wird, die ihr Gedächtnis verliert, wird deshalb wieder in Köln spielen.
Dass er am liebsten in der Südstadt lebt, auch das nehme ich ihm ab. Und auf die Frage hin, ob ihn denn nichts nach Berlin ziehe, sagt er „In Berlin ist schon jeder, was soll ich denn da?“ Stimmt. Hiergeblieben!
Am kommenden Donnerstag, den 15.09. ist Filmstart zu „Über uns das All“ im ODEON und einen Tag später, am 16.09. wird Jan Schomburg live dabei sein, und es wird nach der Filmvorführung die Möglichkeit geben, mit ihm gemeinsam über den Film zu sprechen.

 

 

 

Text: Kathrin Rindfleisch

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