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Politik

Wie lange muss man in Köln auf die Wahrheit warten?

Freitag, 16. April 2010 | Text: Gastbeitrag | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Oberstaatsanwalt Günther Feld möchte gar nichts mehr sagen. Und selbst, dass er gar nichts mehr sagen möchte, will der Jurist zurzeit in kein Mikrofon sprechen. Würde er jede Interviewanfrage beantworten, käme er nicht mehr zu seinen Ermittlungen. Außerdem ändert sich das, was Juristen die „Sachlage“ nennen, in Köln zurzeit täglich. Auch fast 14 Monate  nach der Katastrophe sind weder die Ursache noch die Schuldfrage geklärt. Dafür gibt es jeden Tag neue Enthüllungen über Schlamperei am Bau.

Dass ganz offensichtlich nicht sauber gearbeitet wurde, hatte sich schon lange vor dem Einsturz gezeigt. Ein Kirchturm in unmittelbarer Nähe drohte umzufallen und musste gestützt werden. Mitarbeiter des Historischen Archivs wiesen nach Beginn der U-Bahn-Arbeiten auf Setzrisse im Keller hin, die die Löschanlage beschädigten. Wenig später senkte sich das Gebäude insgesamt um mehrere Millimeter ab. Trotzdem gaben die Gutachter schnell Entwarnung: So etwas sei normal, kein Grund zur Besorgnis. Heinrich Bökamp, Präsident der Ingenieurkammer Bau in Nordrhein-Westfalen, kritisierte deshalb im Deutschlandfunk, dass die eigentlich zuständige Bezirksregierung die Bauaufsicht delegierte – über die Stadt an den Bauherrn, die Kölner Verkehrs-Betriebe, selbst: „Also der Bauherr ist da ja gar nicht frei genug, um sich selber wirksam kontrollieren zu können.“

Noch am Abend es Einsturzes begann nicht nur die Suche nach Verschütteten, sondern auch die kriminalistische Ursachenforschung. In Büros der Stadt, von Verkehrsbetrieben und beteiligten Baufirmen wurden Unterlagen beschlagnahmt. Schnell konzentrierten sich die Ermittlungen auf jene Schlitzwände am Kölner Waidmarkt, die tief in den Untergrund gerammt wurden, um die eigentliche Baustellenfläche frei zu halten. Von massiven Problemen mit dem Grundwasser, das an dieser Stelle sehr hoch steht, und von einem möglichen Grundbruch war die Rede: Weil zu viel Wasser in die Baugrube drang, wurden zur Ableitung weit mehr Brunnen gebaut, als die Wasserbehörde genehmigt hatte. Dadurch könnte zu viel Erdreich mit ausgespült worden sein, sodass der Boden unter der Schlitzwand ins Rutschen geriet. Widerlegt ist diese Theorie bis heute nicht.

Erst im Februar 2010 sagten dann mehrere Mitarbeiter einer beteiligten Baufirma über einen gigantischen Materialdiebstahl aus. Tonnenweise seien Metallbügel abtransportiert worden, die eigentlich den Beton stabilisieren sollten. Bauarbeiter hatten sie an Altmetallhändler verkauft. Aufgeschlagene Wände bestätigten ihre Aussagen: Zum Teil waren nur 17 Prozent der vorgeschriebenen Stahlmenge verbaut worden. Damit gab es plötzlich eine zweite denkbare Einsturzursache. Seither überstürzen sich die Ereignisse. Fast 30 gefälschte Betonprotokolle sind aufgetaucht. An weiteren Baugruben wurde vorgesehenes Material nicht verbaut, sondern gestohlen. Grundbruch, Wassereinbruch oder fehlende Metallarmierungen – diese Frage wird erst in Monaten oder Jahren beantwortet werden können.

Für die Frage nach der politischen Verantwortung gilt das nicht. Stadt, Verkehrsbetriebe und Bauunternehmen schieben sie sich seit zwölf Monaten gegenseitig zu. Der Sachschaden liegt jenseits der Milliardengrenze – und niemand will zahlen, sagt die Fraktionsvorsitzende der „Grünen“ im Rat der Stadt Köln, Barbara Moritz: „Also, man hätte nicht genügend Informationen, man würde das noch überprüfen – immerhin haben wir ja jetzt den Jahrestag, also ein Jahr ist Zeit gewesen. Man hätte noch keine Erkenntnis in der Tiefenschärfe, wie man sie gebrauchen könnte. Also das hört sich sehr nach Ausflüchten an.“
 
In fünf Jahren soll es ein neues Historisches Archiv der Stadt Köln geben – rund zwei Kilometer Luftlinie vom alten Standort entfernt, in einem gemeinsamen Neubau mit dem Rheinischen Museumsarchiv. Der Standort in der Nähe der Uni, am Eifelwall, gilt als sicher. Der Rhein ist weit entfernt, und Straßenbahnschienen liegen bereits vor der Haustür. Es waren nicht Menschen, die in Köln versagt haben, sondern ein System, in dem der Bau einer ganzen U-Bahn-Strecke jahrelang ohne die vorgeschriebenen unabhängigen Kontrollen stattfinden konnten – weil Geld und Zeit zu kostbar waren. Dafür zahlt die Stadt Köln nun einen viel höheren Preis: Zwei Menschen sind tot, unermessliche Kulturschätze zerstört und das Vertrauen der Bürger in ihre Stadt nachhaltig beschädigt.

Stefan Koldehoff

Der Autor ist Redakteur beim Deutschlandfunk

 

Text: Gastbeitrag

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