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Südkids

Alle können mit Royston Maldoom tanzen – “Ihr müsst kulturelle Projekte für Eure Kinder einfordern!“

Mittwoch, 13. Juli 2011 | Text: Aslı Güleryüz | Bild: Dirk Gebhardt

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Der berühmte britische Choreograph und Carmina Burana-Experte Royston Maldoom gastiert in Köln! Erneut studiert er eine Carmina Burana ein und erneut sind Kinder mit im Spiel. Auch Südstadtkinder! Seit 6 Wochen tanzen sie täglich mit dem Meister. Die Proben begannen in der Sporthalle des Humboldt-Gymnasiums und endeten auf der Bühne der Oper Köln. Das Credo des Meisters: Jeder kann tanzen! Er inspiriert und gibt seine Leidenschaft für den Tanz weiter.

 

Royston Maldoom während der Proben in der Kölner Oper

Royston Maldoom kam selber erst spät zum Tanz: mit 20. Manche Ballerina kann in dem Alter schon in Frührente gehen. Nachdem er eine ausgezeichnete Tanzausbildung genossen hat, begann er mit äthiopischen Straßenkindern zu tanzen, sich mit Tanz für Unabhängigkeitsbewegungen in Südafrika, Litauen, Kroatien oder Bosnien einzusetzen. Er tanzte mit sozial benachteiligten Kindern in Peru, Gefängnisinsassen, Kindern mit Lernschwächen, Schulabgängern oder Kindern im Exil. Das nennt er “Community Dance” und erklärt seine Methode in dem gleichnamigen Buch. Mit seinem Tanz-Dokumentarfilm “Rhythim is it!” wurde er weltweit bekannt, erhielt zahlreiche Auszeichnungen und einen Orden von der Queen!

Roystons Passion für die lateinischen und deutschen Lieder aus dem Mittelalter begann er Ende der 80’er Jahre auszudrücken. Vagantendichtung nennt man diese weltlichen Lieder, die von Sex, Drugs und Rock n’Roll aus dem Mittelalter berichteten. Herrlicher Stoff! Die Musik von Carl Orff dazu – nicht mehr zu toppen! Ende der 80’er inszeniert er die Carmina zum ersten Mal in London. Ein paar Jahre später dann die erste deutsche Inszenierung: In Duisburg! Meine Schwester Yasmin war sogar dabei und erinnert sich heute noch an Royston: “Es war sehr beeindruckend! Seitdem hat die Carmina eine ganz besondere Stellung in meinem Leben. Und die Arbeit mit Royston vergesse ich auch nicht!”

Und was macht der gute Mann jetzt bei uns in Köln? Sein Traum war es, die Carmina auf der Domplatte aufzuführen! So hat ihn der Intendant der Oper auch nach Köln gelockt. Damals hatte das Gebäude der Oper auch noch eine ungewisse Zukunft und die Carmina auf der Domplatte schien näher denn je. Der Meister kam und musste sich mit dem Opernhaus zufrieden geben! Schade!

Die Carmina studiert Maldoom gerne mit Jugendlichen ein. Die Musik und die Story seien perfekt für Kinder. Oft kennen sie die Musik bereits vom Fußball oder aus der Werbung. Sie hat so viel Energie und Dynamik, schwärmt er.

Nun mussten nur noch die Schüler her: die Oper veröffentlichte eine Ausschreibung und 125 Schulklassen haben sich beworben! 5 sollten ausgewählt werden! Die Schulen mussten bestimmte Konditionen erfüllen und wurden so selektiert: eine große Sporthalle war von Nöten, die Schüler mussten ca. 6 Wochen täglich mit dem Meister proben können, von 12 – 18 Uhr! Die glücklichen fünf Schulen waren die Eichendorff-Realschule, das Rhein-Gymnasium, das Stiftische Gymnasium Düren, die Gesamtschule Rodenkirchen und das Humboldt-Gymnasium! Insgesamt wirken 128 Schüler im Alter von 12 bis 19 Jahren mit.

So glücklich waren die Schüler aber nicht als die Schulleitung ihnen eröffnete, was sie den Schülern eingebrockt hatte! Der 13-jährige Finn erinnert sich zurück: “Wir haben uns gar nicht gemeldet dafür. Wir wurden einfach von der Schule angemeldet. Ich konnte jetzt viele meiner anderen Freunde nicht sehen.”. Sein Freund Marius fügt hinzu: “Am Anfang waren wir stinkig, wegen der Freizeit, die da drauf ging. Aber mir persönlich macht’s jetzt Spaß. Wir hatten täglich Schule von 8 bis 11 Uhr. Dann Mittagspause und anschließend jeden Tag Probe bis 18 Uhr.”
Die Gesamtschule Rodenkirchen bietet den Schülern ab der 6. Klasse die Teilnahme an der Theaterklasse an. Und diese Theaterklasse der Jahrgansstufe 7 wurde für das Tanzprojekt mit Royston Maldoom angemeldet.
Finn freut sich allerdings: “Wir hatten halt nicht so viel Schule. Ab der 3. Stunde frei. Alle waren dann auch einverstanden damit. Diese Woche haben wir gar keine Schule mehr!”

Doch statt Schule ist hartes Training angesagt! Stundenlanges tanzen und nur kurze Pausen waren natürlich ungewohnt für die Schüler. Die 12-jährge Ela wendet sich an ihre Mitschüler: “Ich weiß nicht, ob das bei euch auch so ist: Durch das Tanzen habe ich total viel Muckis bekommen! Meine Beine sind ziemlich kräftig geworden, ich war vohrer ziemlich schwach. Das ist wirklich anstrengend hier, aber ich merke, dass ich viele Schritte jetzt viel einfacher machen kann. Man bekommt wirklich Muskeln, überall nicht nur an den Beinen. Und das geht mir so, obwohl ich schon jahrelang Step tanze und HipHop auch.”.

Nicht alle der teilnehmenden Schüler und Schülerinnen haben Tanzerfahrung. Manche Schule bietet kulturelle Fächer an, viele nicht. Dies ist ein Problem, das Royston seit Jahrzehnten kennt: „Es deprimiert mich, wenn Lehrer und Eltern der Meinung sind, bei einem Kind, das in einem akademischen Fach nicht die gewünschten Leistungen erbringt, die einzige Lösung sei, dem Kind noch mehr von diesem Fach zu geben. Meine Erfahrung, vor allem meine eigene Kindheitserfahrung, zeigt, dass wenn ein Kind sich am Morgen nicht auf ein Fach konzentriert, es sicherlich sich am Nachmittag auch nicht auf das gleiche Fach konzentrieren wird. Oft wird angenommen, dass kulturelle Projekte wie tanzen sie von den Dingen abhalten würden, die richtig wichtig sind. Aber was die Projekte wirklich tun ist, dass sie dazu beitragen, dass man besser lernt, aufmerksamer ist und besser mit dem Lehrer kommuniziert. Die kulturellen Projekte sind kein Ersatz sondern eine Unterstützung des akademischen Curriculums ohne direkt damit verbunden zu sein.“

 

Herr Saborowski mit seinen Schülern der GS Rodenkirchen in einer Probenpause

Die Lehrer, die begleitend für ihre Schulen an dem Tanzprojekt teilgenommen haben, bestätigen Roystons Einstellung. Gabi Kogel von der Realschule Eichendorff hat die Veränderungen an den Schülern bemerkt: „Sie haben sehr viel gewonnen in der Zeit. Es sind sehr temperantvolle Schüler. Da ist es faszinierend, was die Schüler in den 3,5 Wochen gelernt haben an Konzentration hauptsächlich. Das erstreckt sich nicht über den ganzen Tag. Die Beaufsichtigung in den Pausen hier ist auch für mich anstrengend! In der Zeit auf der Bühne ist es enorm, was die Schüler gelernt haben, wenn ich das vergleiche vom Anfang bis jetzt.“
Und Reiner Prinz vom Rhein-Gymnasium fügt hinzu: „Unsere Schüler haben in dieser Zeit Klausuren besser geschrieben, als wenn sie sonst immer nur Zuhause gewesen wären und gelernt hätten. Das spricht für die Power, die vermittelt wird. Die Eltern rufen mich an und bestätigen das.“
Ja, und das bestätigt Royston Maldoom! Er sagt, dass Tanz das Leben junger Menschen verändert, dass sie dadurch kommunikativer, selbstbewusster, sozialer und toleranter anderen Menschen gegenüber werden. Er appeliert an die Eltern, Forderungen zu stellen: „So viele Lehrer, Schulleiter und Menschen, die in der Ausbildung tätig sind, haben einfach keine Ahnung, von dem, was Tanz geben kann. Es gibt unendlich viele Untersuchungen aus den 50’er Jahren, aus Amerika, aus Europa, von überall auf der Welt über die Kraft des Tanzes und über die Veränderungen in den Leben von Menschen, ganz besonders jungen Menschen. Und gerade dann, wenn es sich um zeitgenössischen Ausdruckstanz handelt. Sie haben es selber nicht erlebt und sind sehr resistend der Idee gegenüber, dass es sich dabei um mehr als einen Zeitvertreib und Spaß handelt. Das Problem ist immer: Wie erziehe ich die Erzieher? Und was macht man da? Auf der einen Seite muss dies wohl politisch geschehen. Die Leute kommen zu der Vorstellung und sind fasziniert von dem, was die jungen Menschen leisten. So etwas hatten sie nicht erwartet. Die Eltern sprechen mich an und sagen, dass sie mehr solcher Projekte für ihre Kinder wollen. Da antworte ich immer, ihr müsst Lobby dafür machen. Ihr müsst sagen, dass ihr mehr kulturelle Projekte und Bildung für eure Kinder wollt. Diese Forderung muss von den Eltern kommen.“

 

(v.r.n.l.) Andrea, Ela und Zoé üben nach der Probe vor dem Opernbrunnen weiter

 

Ela kann selber bemerken, dass sich ihre Einstellung dem Tanz gegenüber verändert hat. Seit ihrem 3. Lebensjahr ist sie in verschiedenen Tanzgruppen gewesen:“Ich war immer der Meinung, dass Steptanz und HipHop DAS Tanzen ist und das andere so ein bißchen rumgefuchtele, und so dass man seinen Namen tanzt irgendwie. Aber jetzt, wo ich es selber mache, merke ich, dass es Spaß macht und dass es auch Theater ist. Du musst mit deinem Gesicht ganz viel ausdrücken. Das ist etwas ganz ganz anderes. Ich merke auch, dass ich lockerer geworden bin. Ich war angespannt wegen den Noten. Seit ich an dem Projekt teilnehme, geht es mir besser. Ich schwitze zwar die ganze Zeit wie ein Ochse, aber es macht total viel Spaß. Am Anfang war es sehr anstrengend, aber inzwischen ist es Leidenschaft geworden.“
Zoe hat vorher nicht getanzt und neben ihrer Rolle in der Gruppe hat sie bei Royston auch eine Einzelrolle: „Ich finde das richtig schön. Da kann man so viele Emotionen ausdrücken.“

Royston weiß es, seine Pappenheimer anzuspornen! Er hat den Jugendlichen nicht verschwiegen wie begeistert er von ihnen ist: „Das ist eine ganz außerordentliche Gruppe. Sie sind hoch motiviert, was ein Schock für mich war! Normalerweise verbringe ich die ersten 3 Wochen damit, die Jugendlichen zu motivieren und dann studieren wir das Stück. Doch hier waren sie sofort bereit! Sehr schnelle Lernfähigkeit und großer Enthusiasmus! Natürlich waren auch freche Kids dabei. Ich mag diese Energie, die etwas unterbricht. Diese Energie kann genutzt werden. Das ist viel besser als mit Kinder zu arbeiten, die nichts zu geben haben. Ich bin sehr aufgeregt! Ich glaube, es wird eine der besten Aufführungen von Carmina, die ich je hatte!“
Ela war zutiefst beeindruckt über diese Worte: „Es ist toll, Leute zu begeistern. Das ist eine Herausforderung und da muss man es auch richtig gut machen. Das macht total viel Spaß.“

 


Szene aus Carmina Burana während der Orchesterprobe

Royston Maldoom hat eine ganz natürliche Art, mit den Jugendlichen umzugehen. Er respektiert sie als Individuen und versucht, auf Augenhöhe mit ihnen zu sein. Auch wenn er 25 % der Probe gemeckert und geschimpft habe, wie alle 4 Jugendlichen sich erinnern: „Am Anfang haben wir noch auf die Übersetzungen von Volker gehört. Aber inzwischen hören wir nur noch Royston zu. Unsere Englischkenntnisse haben sich auch verbessert.“
Also: Englischpraxis mit dem Meister in Köln gratis dazu!

 

 

 

„Carmina Burana“

Lieder aus der Benediktbeurer Handschrift
Musik von Carl Orff
Oper Köln
Premiere
Do 14. Jul. 2011
Weitere Vorstellungen
Fr 15. Jul. 2011
Sa 16. Jul. 2011

 

Alle Vorstellungen Ausverkauft!

 

Text: Aslı Güleryüz

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