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Kultur

In einem komischen Moment ist immer die größte Tragik dahinter

Dienstag, 10. April 2018 | Text: Alida Pisu | Bild: Sandra Stein

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

„Vielleicht wird alles vielleichter“ – so der Titel des aktuellen Programms von Kabarettistin Eva Eiselt, das sie morgen, 11. April, im Bürgerhaus Stollwerck präsentiert. Ob ihr Leben vielleicht nicht unbedingt viel leichter, aber doch ganz anders verlaufen wäre, wenn sie ihr Germanistik- und Pädagogik-Studium beendet hätte. Wer weiß? Doch ihre Begeisterung fürs Theater war so groß, dass sie umsattelte und eine Schauspielschule besuchte. Nach einem Engagement am Baden-Badener Stadttheater rutschte sie in die Kleinkunstszene und feierte erste Erfolge als Teil des Duos „Top Sigrid“. Seit zehn Jahren steht sie nun als Solistin auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Alida Pisu hat mir ihr gesprochen.

Es ist ja immer noch ungewöhnlich, als Kabarettistin auf der Bühne zu stehen. Wie kam es dazu?
Es hat mich schon Mut gekostet, das Gefühl zu haben: Ich darf auf der Bühne stehen und nicht Publikum sein und unten im Graben zu sitzen. Denn ich bin schon auch sehr schüchtern…

Na, wer hätte das gedacht!
Und deshalb war der Schritt sehr schwierig, hat aber gut geklappt. Loriot habe ich schon immer geliebt und er hat mich auch sehr geprägt. Von daher war der Hang zur Komik nicht ganz entfernt. Obwohl ich im Theater immer die tiefen, ernsten und tragischen Rollen gespielt habe. Die versuche ich auch mit auf die Kabarett-Bühne zu nehmen. Das ist es, was meine Mischung ausmacht: dass ich Theater mit Kabarett verbinde. Es ist nicht immer nur lustig und „Ha ha.“ In Deutschland unterscheiden wir ja zwischen Comedy und Kabarett. Ein Comedian macht Witze über den Alltag und ein Kabarettist sieht die Welt und den Alltag als Witz. So ist auch meine Haltung, auch wenn das pessimistisch klingt.

Gibt es Themen, die Sie immer bearbeiten oder greifen Sie eher aktuelle Themen auf?
Beides. Mein Thema ist immer wieder der Mensch an sich, der versucht, sich sein Leben so komfortabel wie möglich zu gestalten und dabei an sehr große Grenzen stößt. Dabei zerstört er sich dann auch. Das ist wie ein roter Faden in meinen Programmen. Dann habe ich so Unterthemen wie Digitalisierung, dazu habe ich auch eine Nummer in meinem neuen Programm. Rassismus zieht sich auch diesmal durch, wobei ich da versuche, eine Perspektive einzunehmen, die sehr neu ist. Oder auch das Thema Freiheit: ist der Mensch frei? Denn brauchen wir eigentlich, was wir suchen? Wäre weniger viel nicht viel mehr? Nach welcher „Vielosophie“ leben wir?

Das sind sehr philsophische Themen.
Und dennoch hat es eine Leichtigkeit, damit man sich danach nicht runtergezogen fühlt. Beim ersten Programm dachte man noch so: „Oh, jetzt kommt der Weltuntergang!“, aber beim dritten und vierten versuche ich den kleinen Funken Hoffnung, den es ja doch immer noch gibt, rauszukratzen und zu zeigen.
 
Die große Kunst besteht darin, Schweres, Problematisches, Tiefes in Humor und Leichtigkeit zu verwandeln. Wie schaffen Sie das?
Das ist es, was den Beruf ausmacht. Ich bin selten mittendrin. Indem ich vom Rand her gucke und beobachte, fallen mir Dinge auf, die lustig sind. Wenn man selber drin steckt in der Situation, ist es vielleicht nicht lustig. Aber mit Abstand schaffe ich es, den Humor rauszukitzeln oder das absurde Verhalten, das dann komisch werden kann. Aber in einem komischen Moment ist auch immer die größte Tragik dahinter, sonst er nicht komisch. Das ist die Meta-Ebene, die bei mir da ist.

Was erwartet die Zuschauer im neuen Programm?
Ich werde sieben Figuren spielen, man sagt mir immer, dass es dadurch sehr abwechslungsreich ist, dass ich eben nicht nur eine Person darstelle. Bei diesem Programm tauche ich selbst auch auf, als Eva Eiselt…

Die Schüchterne?
Nein, ich denke nicht, dass ich da schüchtern rüberkomme. Es gibt bei den sieben Figuren noch einen Baum, aber auch Udo, er ist Rentner und kommt in jedem Programm vor. Er führt ein Eigenleben, deshalb hat er auch einen Namen. Es gibt bei mir aber eben auch Figuren, die keinen Namen haben, weil da die Situation wichtiger ist als die Figur. Für mich bieten die Figuren die Möglichkeit, Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Wenn ein Rentner über Helikopter-Mütter redet, ist das anders als wenn ich es tue, wo ich doch selber Mutter bin und am Spielplatz An der Eiche mit mir und anderen einige Erfahrungen gesammelt habe. (lacht)

Stichwort Baum: der steht ja für etwas. Wo haben Sie Ihre Wurzeln?
Ich will jetzt nicht zu viel verraten, aber genau da geht es um die Rassismus-Nummer. Wo sind die Wurzeln, welche Bäume dürfen überleben und welche nicht. Rassismus im Wald quasi. Meine eigenen Wurzeln sind in der Eifel. Sehr dörflich, sehr urtümlich, sehr konservativ, sehr gemeinschaftlich. Als Kind wollte ich nie weg: „Ich bleibe immer hier, so schön wird es nirgendwo sein“, aber ich bin dann doch, nach dem Abitur, mit 18 Jahren nach Bonn und von dort…. Ach, ich habe schon ein paar Bundesländer mitbekommen. Durch die Kleinkunst habe ich aber zurück gefunden zu meiner Heimat, weil ich immer dachte, wenn ich dahin kam: „Wie eng und klein ist es“, aber eigentlich kann einem die Enge und das Kleine auch eine Weite geben. Mittlerweile habe ich ein sehr gutes Verhältnis zur Eifel. Dafür war es wichtig, jahrelang großen Abstand zu haben, um jetzt auch zu lieben, was da ist. Ich habe dort auch ein kleines Theater: „Der Kulturstall“, das ist ein umgebauter Kuhstall, mit einem wunderschönen Raum, der toll hergerichtet ist. Da spiele ich auch viel und sehr gerne – in der Südstadt lebe ich nun auch seit über zehn Jahren und es fühlt sich sehr heimatlich an und vielleicht gibt einem das ja auch noch eine andere Kraft, wenn man „in der Heimat“ spielt als woanders.

Ja, vielleicht. Und vielleicht ist da ja auch alles vielleichter? Vielen Dank für das Gespräch!

„Vielleicht wird alles vielleichter“ von und mit Eva Eiselt
Am 11.04.2018 im Bürgerhaus Stollwerck, Dreikönigenstr. 23, 50678 Köln

Text: Alida Pisu

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