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Kultur

Premiere für den „König des Comics“

Donnerstag, 8. März 2012 | Text: Beate Fechtig | Bild: Karsten Schöne

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Ralf König sitzt auf dem Stuhl und liest aus seinem Buch vor.
„Isch fick auch disch, wenn isch will, isch schwör!!
„Du bist so´n strunzdoofes Geschoss!! Du widerst mich an!!
„Was ist, soll isch dem ficken oder wem? Meinstu isch fick dem nisch oder wen?!!“
„Na fick ihn doch!!!“
 Zu sehen sind Königs knollennasige Männchen, groß an die Wand projiziert. Es geht um schwulen Beischlaf, wie so oft in seinen Comics – und die ganze Szene ist so herrlich gezeichnet und  getextet, wie eben nur Ralf König das kann und seit fast 30 Jahren tut. Rosa von Praunheim hat den 51jährigen Comiczeichner portraitiert in seinem neuen Film „König des Comics“, der kürzlich auf der Berlinale vorgestellt wurde und jetzt im Südstadt-Kino „Odeon“ die Köln-Premiere feierte. „Meine Südstadt“ Redakteurin Beate Fechtig sprach mit König am Mittwoch Abend (07.03.2012).

Ralf König, wie fühlt sich das an, einen Film über sich selbst zu sehen?
Ralf König: „Befremdlich, die eigene Visage auf Breitwand… Stellenweise will ich am liebsten im Kinosessel versinken. Die Szene auf meiner Couch zum Beispiel, wo das Licht von rechts kommt, schlimm. Da habe ich mehr Falten am Hals als Uschi Glas!“

Ich meinte jetzt mehr inhaltlich…
König: „Ach so. Der Film kommt gut an, das freut mich erstmal. Ich finde mich auch darin wieder, allerdings störe ich mich ein bisschen an Rosas Auswahl der Comicszenen. Das geht mir zu oft ans Eingemachte, zu viel Sex, Schwänze, Ficken. Das ist mir zu einseitig, ich erzähle in meinen Comics auch anderes, das ganz normale Miteinander in Beziehungen, über das Leben an sich, da gibt’s Handlungsbögen und Charaktere. Aber Rosa hat vor allem die Frage interessiert: Warum hatten und haben diese schwulen Comics auch bei den Heteros so einen Erfolg? Deshalb wohl die Auswahl. Ihn interessiert das ewige Schwul-Hetero-Ding.“

Durften Sie nicht mitreden dabei?
König: „Doch, doch. Nicht im Schnitt, aber bei den Dreharbeiten schon. Zum Beispiel wollte Rosa ein paar meiner Comicszenen von Laiendarstellern nachspielen lassen –da habe ich gehüstelt. Fand ich keine gute Idee, aber damit war’s auch gleich vom Tisch. Da war er sehr unkompliziert.“

Sie hatten vorher noch nie einen Film von Rosa von Praunheim gesehen, richtig? Er hat ja über 70 Filme gemacht.
König: „Doch, sicher kenne ich einige seiner Filme! Aber damals in den 70ern auf dem katholischen Dorf, da wusste ich nichts von ihm oder einer Schwulenbewegung da draussen. Da kam mir mit 17 Jahren Rosas Buch ‚Sex und Karriere’ in die Hände, das war für mich eine Offenbarung! Ich kannte ja keinen. Bei uns im Dorf gab es einen älteren, traurigen Mann, der saß immer in der Kneipe und wenn wir Jungs pinkeln gingen, kam er uns meist hinterher. Das war natürlich keine Identifikationsfigur. Und dann las ich mit Herzklopfen dieses Buch, seine Schilderungen aus der New Yorker Lederszene und seine politischen Pamphlete. Da war klar: Das hat ganz viel mit mir zu tun, mehr als mir damals lieb war.“

Glauben Sie, dass auch Sie mit Ihren Comics in den 80er und 90er Jahren dem ein oder anderen geholfen haben, schwul sein zu „dürfen“?
König: „Ja, das sagen mir zumindest viele. Die frühen Comics haben Tabus gebrochen, ganz leicht, mit Humor. Dann „Der bewegte Mann“, erst der Comic, später die Verfilmung, das hat das Schwulen-Thema einem breiten Publikum geöffnet. Früher kam Schwulsein in den Medien kaum vor, jedenfalls nicht positiv besetzt. Ich weiß noch, wie ich in den 70ern mit Herzklopfen den Film „Die Konsequenz“ auf meinem tragbaren Fernseher gesehen habe, ein früher Film von Wolfgang Petersen. Da spielte Jürgen Prochnow einen Homosexuellen im Knast, schlimm dramatische Geschichte, furchtbar, aber Bayern hat sich ausgeschaltet, es war ein TV-Skandal.“

In den Wowereit-und Westerwelle-Zeiten ist das Thema für die Medien ja fast schon hip. Ist jetzt wirklich alles gut oder bleibt ein Coming-out nicht immer ein persönliches Drama?
König: „ Wir leben ja in Köln wie in jeder Großstadt in einer Scheinwelt, hier herrscht so eine Metropolen-Fußgängerzonen-Toleranz – so nenne ich das mal. Ich kann Händchen haltend mit meinem Freund rumlaufen, kein Problem, da glotzt keiner mehr, aber in den Vororten oder auf dem Land sieht es bestimmt noch anders aus, auch wenn die Zeiten sich gewandelt haben. Es gibt mehr Information und Aufklärung. Es gibt das Internet. So isoliert wie wir damals auf den Dörfern ist niemand mehr.“

„König des Comics“ ist letztendlich ja auch ein Zeitdokument – festgemacht an der Geschichte eines schwulen Jungen vom Dorf.
König: „Ja, in den 80ern ist eine ganze Generation ungeoutet aus den Dörfern in die Städte geströmt. Es bildeten sich Schwulengruppen. Aufregende Zeiten.

Sie waren zuerst in Dortmund, dann in Köln – und haben eine große Karriere gemacht. Ist Comiczeichner ein vielversprechender Beruf?
König: „Nicht wirklich. In Deutschland ist es ganz schwer, von Comics zu leben. Selbst ich weiß nicht, wie lange ich das noch kann, meine Leser werden mit mir älter und kaufen vielleicht nicht auch noch das siebenundzwanzigste Buch von mir. Bücher sind sowieso ein schwieriger Markt geworden und dann auch noch Comics! Bei den Jüngeren zählen vor allem Internet und iPhone. Mir geht das Internetzeitalter auf den Nerv. Scheisse, ich klinge wie ein alter Mann. Aber diese E-Mail-Flut tagtäglich, und alles soll man beantworten! Das Buch stirbt aus, die CD stirbt aus, und man kommuniziert vor allem über E-Mail und SMS.

Jetzt haben wir einen Film über Ralf König. Wird es denn auch einen Film von Ralf König geben, mit den Knollennasenmännchen in Aktion?
König: „Einen Trickfilm kann ich leider nicht alleine machen. Mein Buch „Prototyp“ soll verfilmt werden– meine biblische Schöpfungsgeschichte, also Gott und Adam und die Schlange im Baum. Heute lässt sich ja alles spektakulär animieren, aber gerade darum ist es schwer, meinen simplen Strich auf die Leinwand zu übertragen. Ich mag zum Beispiel die alten Peanuts-Trickfilme oder die minimalistischen Bewegungen in den Sketchen von Loriot. Da passiert nicht viel, die Charaktere drehen nur gelegentlich den Kopf von links nach rechts. Mehr brauchts nicht sein, keine 3-D Effekte bitte.“

Seit drei Jahren widmen Sie sich in Ihren Comics auch religiösen Themen. Wie kamen Sie denn darauf?
König: „Religion war mir schon als Kind höchst suspekt. Ich bin in einer sehr katholischen Gegend aufgewachsen und mit der Homo-Ehe werden Präsidenten gewählt und gestürzt, man muss nur mal nach Polen oder Russland gucken, da gehen die Uhren anders, eigentlich weltweit. Egal, welcher Gott grad dran ist: Die Arschkarte haben immer die Frauen, die Schwulen und die Un- oder Andersgläubigen. Und immer sind religiöse Ideologien der Hauptmotor für Ausgrenzung und Sexualfeindlichkeit. Mein Comic „Archetyp“ wurde zuerst als Serie in der FAZ veröffentlicht – da gab es heftige Reaktionen, extrem viele böse Emails, vor allem von diesen Evangelikalen. Dabei war es nie meine Absicht, blasphemisch zu sein, das ist mir zu billig. Ich habe mich immer kritisch auseinandergesetzt mit den so genannten ‚Heiligen Schriften’.

Es gibt eine Ralf-König-Bibeltrilogie „Prototyp“, „Archetyp“ und „Antityp“. Ist Ihre Schöpfung damit beendet?
König: „Ja, erst mal Pause mit Gott, sonst kann man genauso verbittern wie religiöse Eiferer. Immer locker bleiben, so wichtig ist es mir dann auch wieder nicht. Noch ein Buch muss ich allerdings abliefern, das hat aber eher mit Köln zu tun. Ich zeichne derzeit die Legende der Heiligen Ursula und ihrer 11.000 Jungfrauen. Dazu wird es im Herbst  im Kölner Stadtmuseum eine Ursula-Ausstellung geben, das ist natürlich spannend. Leider kämpfe ich sehr mit den Dialogen. Wie soll ausgerechnet ICH wissen, was Jungfrauen so miteinander reden…?“

 

Text: Beate Fechtig

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